ë Richtungen hin eine schwere Aufgabe ist, die sich nicht im Spiel lösen läßt.
Und zwischen diesen ernsten Betrachtungen, die sie mit sich selbst anstellte, tauchte zuweilen der Wunsch nach froher Lebenslust, nach einem heitern Dasein in ihr auf, wie sie es sonst gekannt und genossen hatte, und mit bangem Schauer fragte sie sich zagend ob es denn wirklich möglich sei schon jezt auf alle Freuden verzichten zu können, ohne dadurch ein unbeschreibliches Etwas in ihrem Sinn zu zerbrechen oder zu knicken dessen Vernichtung ihr wiederum eine innerlich abweichende und fremde Richtung anzwängen würde. Ach, weil der Mensch so gar nicht vorher berechnen kann wie die Ereignisse und die Erfahrungen auf ihn wirken, welche Fähigkeit sie in ihm stählen, welche Neigung sie ersticken oder wecken – darum sollte er sich in möglichst schüchterner Entfernung von ihnen halten, während er grade das Gegentheil thut – wenigstens so lange bis der letzte Funke von Jugendmuth und Lebenskraft in ihm verglimmt ist.
Cornelie war grade dreißig Jahr alt, und oft fiel ihr das Wort der Staël ein : „Apres trente ans chaque jour vaut mieux que le lendemain.“ Dreißig Jahre sind immer eine wichtige Epoche in dem Leben einer Frau: sie ist der Markstein der Jugend.
Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 147. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/148&oldid=- (Version vom 31.7.2018)