und ein deutlicher Kuß. Er horchte und sah sich um. Da schlüpfte seitwärts aus einer rohgezimmerten Lattenlaube in einem erfrorenen Kohlfelde ein kinderhaftes Mädchen in blauem Kopftuch. Ein baumlanger Arbeiter folgte. Eben wollte er wieder den Arm um die Begleiterin schlingen, als diese ihn abwehrte und mit dem Kopf nach dem Fremden deutete. Der Mann trat von ihr hinweg und ihm entgegen, als erwarte er seine Ansprache. Der Maschinist aber streifte ihn nur mit einem hochmütigen Seitenblick und lüftete den Hut vor dem Mädchen, das befangen sein Hälschen auf die Seite gedreht hatte. „Ist dies der Weg nach der Frankenstraße, mein Fräulein?“ Sie deutete errötend in die Stadt zurück, während er mit dreister Bewunderung das feine längliche Gesicht musterte und länger als notwendig sich die Richtung erklären ließ. Zuletzt zog er mit einem langen Blick und flottem Hutschwenken ab, wieder ohne den Arbeiter zu beachten, der ihm in unwilliger Verwunderung nachsah und nun mit kurzem spöttischen Auflachen laut sagte: „Wat is denn dat vor en? Kennst du den Prükenkopp, Gesche?“
„Scht, Hein!“ machte das Mädchen leise, „das ist ja unser neuer Maschinist.“
„So, de is dat.“ –
Der Besprochene sah sich flüchtig um, er hatte Frage und Antwort gehört in der großen Stille. Er
Ilse Frapan-Akunian: Zwischen Elbe und Alster. Verlag von Gebrüder Paetel, Berlin, Leipzig 1908, Seite 174. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwischen_Elbe_und_Alster_Frapan_Ilse.djvu/174&oldid=- (Version vom 31.7.2018)