Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/126

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

meiner Anhänglichkeit an meinen König, Dom Miguel, nebst vielen anderen Staatsgefangenen nach Mozambik deportirt wurde, confiscirte man unser Vermögen; jetzt sah die Regierung, die an mir den fettesten Fang zu thun gehofft hatte, daß sie statt eines Lachses einen Hering an mir besaß, und als auch meine zweite Frau, die ich über Alles geliebt, durch den Tod mir entrissen wurde, nachdem ich von Mozambik entflohen war, befand ich mich in sehr günstigen Finanzverhältnissen. – Mein Schwager hat trotz seiner Gichtleiden ein Alter[WS 1] von achtzig Jahren erreicht, lebt jedoch gegenwärtig in einem Zustande von Schwäche, der täglich sein Ende erwarten läßt. Meine älteste Schwester, welche auch schon in den Siebenzigen steht, ist so leidend, daß die Aerzte bisweilen fürchten, sie werde ihrem Manne vorangehen. Da auch meine zweite Schwester kinderlos und Wittwe ist, so bin ich der Universalerbe eines sehr großen Vermögens, welches sich auf zweimalhunderttausend Pfund belaufen mag.“

Ich fragte Herrn v. T., ob er Kinder besitze, worauf er entgegnete, nie Vater gewesen zu sein, und daß mit ihm sein Haus erlösche. Dann fuhr er fort: „Solche Verhältnisse fordern von meiner Seite die größte Vorsicht und Schonung, meine Schwestern, die erzbigott sind, würden mich enterben, wenn ich eine Lutheranerin heirathete; würden Sie sich aber entschließen können, sich mit mir zu verloben, und den Zeitpunkt abzuwarten, wo jene Hindernisse beseitigt sein werden, so würden Sie sich das Verdienst erwerben, einem Leben, das die Schatten des Abendes schon bedecken, noch ein sanfter Sonnenstrahl zu werden.“

Er küßte bei diesen Worten meine Hand zärtlich und setzte hinzu: „Meine zweite Schwester getraue ich mir für meinen Plan zu gewinnen, aber meine ältere und ihr spitzbübischer Mann sind unerbittlich, sobald ihre religiösen Meinungen in Frage kommen.“

„Allerdings ist es eine kitzliche Bedingung, auf den Tod zweier Menschen zu warten, erwiederte ich; indessen schreiben Sie an meinen Vater und liefern Sie ihm Beweise von der Wahrheit Ihrer Worte, denn ohne seinen Rath und seine Zustimmung würde ich in dieser wichtigen Sache nicht den kleinsten Schritt thun.“

Herr v. T. versicherte mich, sogleich an meinen Vater unter Beibringung aller einschlagenden Beweise schreiben zu wollen, und drang dann in mich, mein Engagement mit Frau T. aufzugeben und lieber ein anderes einzugehen. Ich meinerseits hielt es für Pflicht, sie von

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Altrr