Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/136

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v. T. war ein Bild des Jammers, dessen Anblick jedes Atom von leidenschaftlicher Liebe auf immer vernichten mußte, hätte ein solches in meinem Gemüthe existirt; allein ich erblickte in ihm nur den leidenden väterlichen Freund, dessen Seele der meinigen schon unentbehrlich geworden war, so daß das satyrische Lächeln, welches um den Mund der Ch. spielte, während ihre Blicke von dem Leidenden auf mich forschend schweiften, ihr herzloses Ziel verfehlten und ich bei dem Gedanken an die Möglichkeit, ihn zu verlieren, in bittere Thränen ausbrach. v. T. ergriff meine Hand, bedeckte sie mit Küssen nannte mich sein geliebtes Kind, die Freude und Hoffnung seines Lebens.

Wir brachten den Nachmittag bei ihm zu, ich reichte ihm seine Arzenei, bereitete ihm seinen Thee, wärmte ihm seine Umschläge am Kaminfeuer, obgleich seine Wirthin und deren Dienerin ihm keine Pflege entgehen ließen. Aber ich sah, wie v. T. sich unendlich glücklich fühlte, daß ich meinen künftigen Beruf so richtig auffaßte und seinen Wünschen zuvorkam.

Im Verlaufe des Nachmittags kam Gomez, v. T.’s portugiesischer Arzt, dem er mich als seine Braut vorstellte. Dieser behauptete, daß sich sein Patient miraculos besser befände, als er noch an jenem Morgen habe erwarten lassen, und schrieb die glückliche Krisis meiner magnetischen Kraft zu, wobei auch v. T. herzlich einstimmte, und versicherte mich, daß seine Kunst überflüssig sei, wenn ich die meinige anwende. Als wir gingen, mußten wir versprechen, unsern Besuch bald zu wiederholen, und ich fühlte mich über seine merkliche Besserung ebenso befriedigt, wie er es nur selbst sein konnte.

Als wir auf der Straße waren, sagte die Ch. lachend: „Nun, wenn Sie jetzt noch Herrn v. T. zu heirathen gedenken, so ist es entweder rein um des Geldes willen, oder Ihre Liebe ist eine rein geistige, denn so viel ist gewiß, daß sie nicht mit dem Epithet „fleischlich“ stigmatisirt werden kann, sondern eher eine knöcherne genannt zu werden verdient. Und wenn Sie hinfort die Nacht bei ihm zubrächten, so absolvire ich Sie von jedem Verdacht einer unlauteren Praxis, bin auch bereit, mich für die Reinheit Ihres Umganges zu verbürgen.“

„Es freut mich, antwortete ich, daß Sie noch an die Möglichkeit eines solchen glauben,“ und nahm ferner keine Notiz von ihren Invectiven und Hypothesen.

Ich bemühete mich jetzt, einige Erkundigungen über Lady Maria