Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/138

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Jane und Georgina, und mit ihrer Nichte Fanny, meiner bestimmten Elevin. Jane, welche im 23. Jahre stand, war ein durchaus schönes Mädchen, wiewohl in Mienenspiel und Haltung nicht genug graziös, um eine anziehende und eindrucksvolle Erscheinung zu sein. Georgina im Gegentheil war eine vollendete Huldgöttin von Geist, Schönheit und Grazie, mein Auge hing mit Entzücken an der himmlischen Anmuth ihres Wesens. Die reiche Fanny allein war stiefmütterlich von der Natur behandelt worden, und in ihrem unschönen Gesicht drückten sich nur zu sehr Neid, Gehässigkeit und Beschränktheit aus. Ich errieth augenblicklich, daß sie nicht geliebt ward und dies schmerzlich fühlte, daher richtete ich einige herzgewinnende Worte an sie, mit jenem mir zu Gebote stehenden Ton und Blick, dem bis jetzt noch kein gefühlvolles Herz widerstanden hatte. Augenblicklich klärte sich auch ihre verdrossene Miene auf, von ihren Augen war ein Schleier gezogen, und ich fühlte meine Besorgniß schwinden, denn ich hatte den Schlüssel zu ihrem Herzen gefunden und wußte nun, daß sie weder unzugänglich noch verdorben war. Mein Eintritt in das Haus des Herrn W. ward auf die folgende Woche festgesetzt, mit der das Oster-Vierteljahr anfing.

Als ich Fräulein Ch. davon in Kenntniß setzte, beschuldigte sie mich des Undankes und beschwor alle Strafen des Himmels auf mein Haupt, trotzdem ich sie sehr gut bezahlt und obenein ihr Geschenke gemacht hatte. Ungeachtet aller meiner Versuche, ein gütliches Auseinanderkommen zu bewirken, ergoß sie sich fort und fort in ungerechten Vorwürfen und bösartigen Drohungen, die meine Verachtung gegen sie nur vollendeten.

Am meisten dauerte mich der kleine Albert, der nun wieder seinem Schicksal anheim fiel, während seine Mutter in ihren Gedichten Gefühle parodirte, welche ein seltenes Gegenstück zu ihrem Herzen bildeten.

Ich trat jetzt meinen Posten in der Familie W. an, welche entschieden zu der Elite und den Fashionables gehörte; aber, o Himmel! in dem engen Verschlag mit einem kleinen Bettchen, Waschtischchen und Stühlchen, mein Schlafzimmer vorstellend, und in dem unwohnlichen nackten Stübchen, was das Schulzimmer war, gab es nichts von alle dem Luxus eines englischen Aristokratenhauses, alles war vielmehr empörend schäbig und lumpig. Was aber alle Phantasie übertraf, waren die Tafelfreuden, die meiner warteten! Nicht daß die Familie einen