Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/160

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„Horchen Sie einmal, fuhr er liebreich fort, Sie sind ein schönes Mädchen und können glücklicher sein, wenn Sie mich zu Ihrem Schüler annehmen wollen; ich miethe Ihnen ein ganzes schönes Haus, halte Ihnen prächtige Equipage, und alle übrigen Bedingungen mögen Sie selbst stellen.“

„Entschuldigen Sie, Mylord, und wenn Sie sich selbst mir anböten, könnte ich Sie nicht annehmen, denn ich bin verlobt und fest entschlossen, meinem Versprechen treu zu bleiben.“

Als Lord P. dies hörte, versicherte er mich seines vollkommenen Beifalls wie seiner Hochachtung, und bat mich, von seinem Antrage nicht gegen Andere zu sprechen. Ich verschweige daher seinen Namen, da er niemals wegen meiner Weigerung Rache an mir geübt hat.




Neunzehntes Kapitel.




Mistreß F. wußte meinen Gemüthszustand zu benutzen, indem sie durch geschickte Erzählungen von ihren eigenen Leiden und Prüfungen mein Mitleiden erregte, mich zur Mittheilung meiner Verhältnisse und Angelegenheiten bewog und hierdurch vieles erforschte, aber noch mehr errieth. Eines Morgens, im Begriffe, meinen Geschäften nachzugehen, sah ich einen Herrn, der mir seit langer Zeit nachgegangen war, aus Mistreß F.’s Zimmer kommen und vor mir das Haus verlassen, während diese auf dem Balcon stand und ihm wie mir freundlich zunickte. Da ich ihren Gemahl noch nicht gesehen hatte, so hielt ich ihn dafür, denn es war noch zu früh am Tage, Morgens sieben Uhr, um Besuche anzunehmen. Da ich nach Knights-Bridge mußte, führte mich mein Weg durch den Hyde-Park, in welchen ich eben eingetreten war, als jener Herr mich anredete. Ich hatte ihm einige Male in einem der Häuser begegnet, in denen ich Unterricht gab, und erwiederte daher seinen Gruß mit Höflichkeit.

„Ich habe schon längst gewünscht, mit Ihnen Bekanntschaft anzuknüpfen, fing er an, aber Sie waren bis jetzt immer so verbietend und ernst, daß ich es nicht wagte, mich Ihnen zu nähern.“