Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/169

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das Grabmal des General John Moor, eine schöne Marmorplatte mit dem Namen und Todestage des Helden, von zwei Trauerweiden beschattet. Für Wellington würde dies genügen, für einen weniger berühmten Krieger ist es zu wenig.

Von hier ging ein Spanier und eine Spanierin, die sich jedoch fremd waren, mit uns an Bord. Ersterer lieferte ein Beispiel echt spanischer Genügsamkeit, indem er sich den ganzen Tag mit einem kleinen Mundvorrathe begnügte, den er mitgebracht hatte, obgleich seine Hemdnadel und ein großer Solitair an seinem Finger sehr werthvolle Brillanten waren. Die Dame, eine bildschöne junge Frau, war ein liebenswürdiges Original von Kindlichkeit und Gattenliebe. Sie erzählte mir augenblicklich, daß sie ihrem Gatten nachreise, welcher Hauptmann in portugiesischen Diensten war und in Lissabon stand: sie schien all’ die Wonne nicht fassen zu können, die sie bei dem Gedanken an das Wiedersehen empfand. „Voy a vero esto querido hombre“, sagte sie wiederholt, indem sie die schönen Hände mit Inbrunst faltete. Bald nachdem wir Corunna aus dem Gesicht verloren hatten, wurden wir Vigo ansichtig, und hier zeigte mir H. sein schönes Haus, zu dessen auf Säulen ruhendem Portale eine halbkreisförmige Treppe führte. Hier wie auf der Veranda sah man überall schöne Blumen und Schlingpflanzen, welche mit dem prächtigem Garten, der das Haus umgab, einen höchst einladenden Eindruck machten. Rechts und links standen Magazine und Remisen, und das Ganze ließ auf Reichthum und Eleganz schließen.

„Alles dieses biete ich Ihnen, sagte H., indem er meine Hand faßte und mir ernst und innig in’s Auge blickte. Kommen und urtheilen Sie, ob Sie nicht glücklich mit mir werden können, ehe Sie mich von sich weisen; und wenn Sie sich jetzt nicht entschließen können, so können wir Briefe wechseln und uns kennen lernen, nur geben Sie mir Hoffnung.“

Mit etwas Schlauheit und Eigennutz hätte ich mir eine gute Parthie für den Fall, daß die andere mißlang, sichern können, allein ich hing mit so glühender Liebe an T., daß ich keinen Augenblick au die Möglichkeit dachte, ohne ihn leben zu können. Ich hielt es zugleich für Pflicht, einer so großmüthigen Neigung mit Offenheit und Ehrlichkeit zu begegnen, und sagte ihm daher, daß ich verlobt war und mich am Ziele meiner Wünsche befand.