Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/178

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Hierauf führte sie mich durch eine Reihe Zimmer, deren Einrichtung eben so geschmackvoll wie den verschiedenen Zwecken entsprechend war. Zuletzt kamen wir in den Speisesaal, worin sich ebenfalls ein Springbrunnen befand, der die afrikanische Hitze des Klimas in die zum Essen unentbehrliche Kühle verwandelte. Diesem gegenüber stand der Credenztisch und in der Mitte wieder ein gedeckter, an welchen wir uns zum Frühstück niedersetzten. Madame D. schellte und ein Bedienter erschien mit einem Brett voll dampfender Schüsseln.

„Sie überhäufen mich mit Güte, sagte ich, ohne mir den Herrn, der mich Ihnen empfahl, noch genannt zu haben.“

„Erinnern Sie sich eines Franzosen Namens B.?“ fragte hierauf die Dame.

„Sehr gut, ich habe ihm in den Londoner Gesellschaften sehr oft begegnet.“

„Nun, der ist hier und wohnt seit einigen Tagen in Ihrem Hotel. Er hat mir Ihre ganze lamentose Geschichte erzählt, wie er sie von Ihren braven Wirthsleuten erfuhr.“

Dieser B. war ein sehr geachteter Fabrikherr, und es freuete mich, einmal auch die Einwirkungen der Freundschaft und des Wohlwollens zu empfinden, nachdem ich die der Feindschaft so oft und schmerzlich gespürt hatte.

Nun will ich Ihnen auch meine Geschichte erzählen, fuhr Madame D. fort. Vor siebzehn Jahren kam ich mit meiner Mutter, welche Spitzenhändlerin war, hierher nach Lissabon, nachdem wir uns in London ohne Glück einige Zeit aufgehalten hatten. Wir stammten aus Paris und machten hier gute Geschäfte in Putz und Spitzen, allein ich erlebte das Unglück, in meinem siebenzehnten Jahre die Mutter zu verlieren. Das entschied über mein ganzes Leben. Jung, schön, allein und fremd wie ich dastand, sah ich mich bald von einer Schaar Liebhaber umschwärmt, aber Freier waren es nicht. Unter diesen wählte ich den schönen, aber unglücklich verheiratheten Grafen L. C. zu meinem Freund und Beschützer, was er noch heute ist."

„Sie sind also nicht verheirathet?“ fragte ich befremdet.

„Nein, und zwar aus dem einfachen Grunde, weil die Gräfin wie der Graf katholisch sind, folglich nicht geschieden werden können.“

„Aber Jene sind doch Ihre Kinder?“

„Auch nicht! Zu den vielen Widerwärtigkeiten, die mich seit funfzehn