Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/262

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Seite ist durchaus nichts vorgefallen, dessen ich mich zu schämen brauchte, aber Ihnen ist wahrscheinlich mein Anblick unerträglich, weil Sie wissen, wie niederträchtig Sie an mir gehandelt haben.“

Cor, der mit seiner würdigen Schwester ebenfalls gegenwärtig war, wollte die Rache seiner Eifersucht kühlen, ich kehrte ihm den Rücken, zu stolz, die Gemeinheiten eines Bierbrauers aufzuheben, während Herr R. laut schrie: „Sie erhalten weiter gar nichts und verlassen das Haus morgen!“

War es mir nun wohl zu verargen oder gar sträflich, wenn ich nach solchen Mißhandlungen die Mäßigung verlor? Nein, es war vielmehr das einzige Mittel, mindestens einen Theil meines Rechtes zu erlangen. Ich versicherte also Mister R., daß ich zwar sein Haus augenblicklich verlassen, aber auch wegen meiner gerechten Forderungen, erlittenen Mißhandlungen und insonderheit in Betreff der gewaltsamen Erbrechung meines Pultes die öffentliche Gerechtigkeit um Hülfe anrufen würde. Dies wirkte wie ein elektrischer Schlag auf den ganzen Pöbel, sie wurden alle mäuschenstill und sahen sich betroffen an. Am Morgen darauf kam Frau R. in aller Frühe zu mir und sagte ganz höflich, ich solle noch bis zu Ende des Monates bleiben, weil sie mich an meinem Fortkommen nicht hindern wollten. Das war mir sehr fatal, denn da sie mich bleiben hieß, konnte ich keine Entschädigung verlangen, wenn ich ging, und mußte die Kosten bezahlen, wenn ich klagte. Ich hatte also noch ein mehrwöchentliches Märtyrerthum vor mir. Jetzt verging selten ein Tag, wo es nicht Gesellschaft im Hause gab, in deren Angesicht man mich Unglückliche mit den grausamsten indirecten Beschuldigungen, den Waffen aller Verleumder und Intrignanten, unaufhörlich angriff, während sie ihre Basiliskenblicke auf mich fixirten. – Das Schlimmste bei diesen durchaus meuchelmörderischen Anfällen ist, daß man sich auf keine Weise vertheidigen kann, sich nicht rechtfertigen, den Messerstichen nicht ausweichen kann. Denn alle Anwesenden sind so gut wie bestochene Zeugen, und so bald man von den Schmähungen Notiz nimmt, schreien sie, man fühle sich getroffen. Dann heißt es: Qui s’excuse, s’accuse, und der Schuldlose gilt für überwiesen.

Unter den zahlreichen Tafelfreunden zeichneten sich aber der Pfarrer von A… und der eines Nachbardorfes durch ihren Eifer aus, sich ihren Gastfreunden durch ihre Dienste dankbar zu zeigen. Der erste entwarf in milden, einschmeichelnden Worten ein Leben voll jener Verbrechen,