Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/287

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zierliche Theemaschine. Der beliebte Toast, geröstetes Brod, duftete in seinem Silbergestell und in einer mit Wasser gefüllten Krystallschaale schwammen appetitliche Butterwecken; gesottene Eier und ein paar gelblich gebratene Flandern bildeten das Vorspiel, und auf dem Büffet stand ein gebratenes Huhn und ein mächtiger Schinken. Ich hatte kaum ein luxuriöseres Frühstück in England gesehen. Der Hausherr sagte verbindlich zu mir: „Ich muß Sie bemühen, hinfort das Amt der Hausfrau zu übernehmen, denn Frau M. kommt nie zu Tische, lebt überhaupt nur für sich, und es soll mich freuen, wenn Sie ihre Stelle ausfüllen, sich überhaupt in meinem Hause so glücklich fühlen wollen, daß Sie nie daran denken, es wieder zu verlassen.“

Bei diesen Worten ließ Herr M. die blendend weißen Zähne sehen und seine wächserne Hand von griechischer Form selbstgefällig spielen, indem ein bedeutsames Lächeln über sein Gesicht leuchtete, ohne daß die vornehme Unbefangenheit und Nachlässigkeit einen Augenblick aus seinen Mienen schwand.

„Ich werde mich bemühen, meine Pflichten zu erfüllen,“ entgegnete ich nicht ohne einige Verlegenheit.

„Werden Sie glauben, fuhr er fort, daß ich in meiner zehnjährigen Ehe bis heute noch nicht ein einziges Mal mit meiner Frau gefrühstückt habe?“

„Es scheint mir allerdings unbegreiflich,“ entgegnete ich.

„Stellen Sie sich vor, wie traurig für einen Ehemann!“

„Unbedingt! Aber ist Frau M. so krank?“ fragte ich, nach den Kindern blickend.

„Keinesweges, es ist nichts als Excentricität, denn theils bildet sie sich ein, leidend zu sein, theils ist es Abneigung gegen die Prosa des Lebens, theils ist es eine enthusiastische Liebe zur Malerei, wodurch meine Frau so isolirt wird,“ sagte Herr M. mit einem Lächeln, das nicht auf große Betrübniß schließen ließ.

Eine unglückliche Ehe, dachte ich und erwiederte: „Eine Künstlerin muß man aus einem ganz andern Gesichtspunkte beurtheilen als eine andere Frau.“

Zugleich fielen meine Blicke auf zwei große Gemälde, welche im Saale hingen, die aber ihrer Lascivität wegen in Gegenwart eines Mannes keine nähere Beschauung zuließen, weshalb ich schnell wegsah. Eines stellte eine reizende Blondine dar, welche, im Begriffe, sich in