Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/298

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gegen ihren Mann erweise. Ich versicherte sie, daß ich durchaus nicht geschaffen sei, ihrem Wunsche Genüge zu leisten, und hoffte sie dadurch zu versöhnen. Weit gefehlt! Im Gegentheile ließ sie mich die Folgen ihres Zornes ahnen und führte ihren polnischen Hofmeister und seine Frau als Beispiele ihrer Rache an, ohne jedoch genau zu sagen, wodurch sie diese geweckt hätten. Hingegen beschuldigte sie die Leute der schändlichsten Handlungen und Vorhaben, zeigte mir eine Menge anonymer Briefe voll schauderhafter Brandmarkung, und versicherte triumphirend, daß sie bereits Maßregeln zur völligen Vernichtung ihrer Stellung in der menschlichen Gesellschaft getroffen habe. Mir graute vor dieser teuflischen Verworfenheit, und ich beschloß trotzdem, daß dieses in materieller Beziehung die vortheilhafteste Stelle war, die ich noch eingenommen, und trotz der zu erwartenden Verfolgungen, das Haus zu verlassen. Zu diesem Ende schrieb ich einen sehr höflichen Brief an Frau M., worin ich versicherte, daß meine Gesundheit das Klima Schottlands nicht vertrage, sondern von Tag zu Tag bedenklicher werde, und bat sie, mich ehebaldigst zu entlassen. Hierauf zeigte sich eine große Bestürzung in der Familie, die beiden Gatten waren sichtlich beängstigt, Mistreß M. versuchte wiederholt, mich in meinem Entschlusse wankend zu machen, Herr M. suchte vergebens seinen Kummer zu verbergen. Als ich aber unerschütterlich blieb, nahmen Beide plötzlich eine feindselige Stellung gegen mich ein und griffen mich mit allen Waffen gemeiner Seelen an. Hohn, Verleumdung, Lüge, das ganze Zeughaus der Hölle wurde gegen mich in Bewegung gesetzt und bald war ich das Stichblatt der Bosheit aller Besucher von Ph… Um mich ganz einzuschüchtern, machte mich Frau M. auf den Busenfreund ihres Gatten, Herrn C., aufmerksam, bezeichnete ihn kühn als das Hauptwerkzeug ihrer Rache, ja geradezu als den Verfasser jener vernichtenden Briefe. Er hatte in österreichischen Diensten gestanden. Unter der zahlreichen Elite, welche das Schloß frequentirte, lernte ich Herrn W., Verfasser der bekannten Novelle the Crescent and the Cross – „Der Halbmond und das Kreuz“ – kennen, wie auch seine Gemahlin, eine sehr hübsche und junge Irländerin; er entfaltete viel Geist und Weltkenntniß in seinem Umgange.

Da ich seit meiner Kündigung bei jeder Gelegenheit schnöde und verletzend behandelt ward, so blieb ich möglichst viel für mich, indessen kam Frau M. bisweilen auf mein Zimmer, um vor mir „ihr Herz