Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/37

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war abermals vereitelt, und es blieb mir keine andere als die auf den Tod, dem ich täglich mit Sehnsucht entgegen sah, denn ich litt jetzt so sehr an Migraine und Magenschwäche, daß ich fast nichts mehr verdauen konnte. Nebenbei verminderte sich mein Schmuck und meine Wäsche zusehends, Frau H. wies meine Beschwerden darüber ohne alle Untersuchung als unbegründet zurück, und als ich die Diebin zufällig in dem Hausmädchen entdeckte, wurde dieses fortgejagt und mir die gerichtliche Klage überlassen. So war ich nun auch um die schönsten Sachen gekommen, die ich der Fürstin G., der Gräfin K. und anderen Gönnerinnen verdankte. Hier hatte ich zugleich Gelegenheit zu bemerken, wie sich in England die Gegensätze begegnen. Nicht weit von B… W… – bei E… – lag B… L…, ein zweites prachtvolles Landhaus der Mistreß H., welches damals Lord N. mit Familie bewohnte; diese Menschen waren eben so großmüthig und freigebig, wie die H. niedrig und schäbig war. Dort wurden die Gouvernanten nicht nur mit allem erdenklichen Comfort und Luxus versehen, sondern auch mit der größten Herzlichkeit behandelt, und wenn ich Sonntags im Koth bis an die Knöchel in die Kirche watete, fuhr dort sogar die Dienerschaft.

Im Frühjahr begab sich die Familie wieder zur Season nach London, Mary und ich erblickten hierin eine Aussicht auf unsere Befreiung, allein die unerträgliche Hitze und der dicke Dunst, die hier ewig brodeln, warfen uns wieder auf das Krankenlager. Nach meiner Wiederherstellung ließ Fräulein H. mich in der Times ankündigen, allein alle reflektirenden Damen erschraken vor meiner Todtenblässe, meine Schwäche nahm bei der barbarischen Behandlung der Mistreß H. immer mehr zu, ich sah einer abermaligen Verkümmerung meines Soldes entgegen und sann Tag und Nacht auf Mittel zu meiner Rettung. Endlich fiel mir ein, daß ich die Freundlichkeit der Königin Adelaide, Gemalin Wilhelm IV. oft und viel hatte rühmen hören; an diese schrieb ich, schilderte ihr meine Lage mit allen Einzelheiten und bat sie, mich auf irgend eine Weise daraus zu befreien. Ich schickte den Brief im tiefsten Geheimniß mit der Post ab und harrte mit Schmerzen des Erfolges.

Zu meiner größten Freude erhielt ich schon am zweiten Tage eine sehr gnädige Antwort, worin mich die Königin der Berücksichtigung meines Gesuches versicherte. Ich wähnte mich am Ziele meiner Leiden, und mein Erstes war, Gott ein freudiges Dankgebet zu bringen.