Seite:Denkwürdigkeiten einer deutschen Erzieherin in Belgien, England, Spanien, Portugal, Polen und Deutschland.pdf/66

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wir nach Oundel zurückkamen, bot mir Frau S. diese Stellung mit einem Gehalte von jährlich hundert Guineen an und drang sehr in mich, dieselbe anzunehmen. Ich hatte Zeit gehabt, die Vortheile und Nachtheile meiner Stellung in Stamford kennen zu lernen und zu würdigen. Zu den ersteren gehörte der Umstand, daß ich hier mit einem bedeutenden und ebenso liebenswürdigen wie gebildeten Publikum in Beziehung stand und der angenehmen Abwechselungen genoß. Aber weder die Luft noch die unausgesetzten Anstrengungen sagten meiner Gesundheit zu; und welche Gefahr des Invalidwerdens drohete mir! Ich folgte daher nicht minder den Eingebungen der Klugheit wie der Neigung meines Herzens, wenn ich dem Rufe dieser liebenswürdigen Familie Folge leistete.

Ich ging daher auf die Anerbietungen ein und stellte meinen Antritt auf den Tag fest, welcher das zweite Jahr meines Wirkens in der Familie E. beendigte.




Achtes Kapitel.




Sobald ich in Stamford angekommen war, begab ich mich sogleich zu Mistreß E., um sie von meinem neuen Engagement in Kenntniß zu setzen. Die gute Dame drückte ihr aufrichtiges Bedauern über mein Vorhaben aus, konnte jedoch meine Gründe nicht verwerfen und versicherte mich, daß ich diejenige Erzieherin sei, gegen welche sie die meisten Verpflichtungen habe und daß ich auf die Fortdauer ihrer Freundschaft unter allen Umständen rechnen könne.

Von meinen übrigen Gönnern und Schülerinnen wurde diese Mittheilung mit eben so viel Mißbilligung wie Bedauern aufgenommen. Aber so schmeichelhaft die mancherlei Einwände, welche man mir entgegenstellte, für mein Gefühl auch waren, so blieb ich doch meinem gegebenen Versprechen getreu und traf die nöthigen Vorkehrungen zur Ausführung meines Vorhabens, nachdem ich von meinen edeln Freunden zärtlichen Abschied genommen hatte. Zu meinem Leidwesen kann[WS 1] ich nicht umhin, im Interesse der Wahrheit eines Umstandes zu erwähnen, welcher, obwohl an sich unbedeutend, doch fast Ursache der Entzweiung

Anmerkungen (Wikisource)

  1. in der Vorlage: kaun