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Seite:Der Gesellschafter Kunstausstellung Dresden 1822.djvu/6

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Fertigkeit, dennoch keine Bilder zu machen versteht. Die größte der sechs Tafeln stellt dar: Ein gescheitertes Schiff auf Grönlands Küste im Wonne-Mond, eigene Erfindung. Das liegende Schiff, aufgeschichtete Eisschollen, einige Felsspitzen und ein schmaler Luftstreif füllen die Fläche. Die Farben-Behandlung ist des fertigen Meisters würdig, das Eis vortreflich durchsichtig, nur zu grün gehalten; das Ganze, ohne Haltung zusammen gedrängt, hinterläßt keinen Eindruck. Die übrigen Gemälde sind: Eine wahrscheinlich sehr schöne Landschaft, die man aber vor dem deckenden weißen Nebel, leider! nicht sehen kann. Es ist zu hoffen, daß ähnliche in dichten Nebel gehüllte Landschaften, so wie etwa mit Vorhängen überzogene historische Bilder, als eine Art von malerischer Mystik bald beliebter werden dürften, was nebenbei für den Künstler den nicht unbedeutenden Vortheil haben würde, ihm Zeichnung und Colorit zu erleichtern. – Eine Mondschein-Landschaft: Ruinen und stehende Gebäude; auch die beiden unzertrennlichen, im Anschauen vertieften Freunde fehlen nicht auf dem Gemälde; daß es dieselben sind, die den Künstler oft in seiner Werkstatt heimsuchen und sich in seine Gemälde einschleichen, erkennt man an ihren Oberröcken und Fouragier-Mützen, einer Tracht, der sie so getreu, als die Madonna und Goethe’s „Werther“ der ihrigen bleiben; und an der Vorsicht, mit welcher sie sich dem Publikum immer nur von hinten zeigen. – Noch sahen wir von Friedrich einen allzu grotesk verwachsenen und entblätterten Baum, ein Asyl der Raben und Krähen; ferner angeblich: den Eingang zum Kirchhof in Plauen, nach der Natur gemalt: ein mit ziemlicher Wahrheit gemaltes Stück Mauer; und zuletzt: des Künstlers Attelier nach der Natur. Am Fenster eines Zimmers, das wenig Zeichen einer Maler-Werkstatt an sich trägt, blickt eine schlanke, magere weibliche Gestalt in die offene Aussicht, und vergönnt den Bewunderern des Gemäldes, das sie zu erfüllen bestimmt ist, die nichts verrathende Ansicht ihres Rückens. – Wenn nun ausgeführte einzelne Gegenstände, als: Eisschollen, dürre Bäume, Mauerstücken, Menschen-Rücken u. s. w. das liefern, was man unter einem malerischen Bilde begreift, dann sind diese Gemälde Friedrich’s allerdings auch Bilder.

Von unserem Veteran, Professor Klengel, hatte der Haupt-Saal der Ausstellung eine Reihe von Laudschaften auf zu weisen, welche den erfreulichen Beweis geben, daß dem Greise die durch langjährige Uebung gesicherte Hand noch nicht versagt. Dis nördlichen Wolkenhimmel, wenn auch zuweilen etwas allzu giftig gelb gefärbt, der fertige Baumschlag und die treue Wahrheit seiner Bilder, lassen die als Beiwerk dienenden mißgestalteten Figuren übersehen, und werden die, durch poetische Composition wohl nicht hervorstechenden Werke dieses Künstlers dennoch in dauerndem Werth erhalten.

Minder befriedigend als sonst sind die diesjährigen Leistungen von C. T. Faber, Klengel’s ängstlich treuem Schüler und Nachahmer. – Von J. T. Eusebius Faber ist als gelungenes Bildchen zu nennen: Ehrenberg, von der Mittagsseite gesehen, in Abend-Beleuchtung, nach der Natur. Der Künstler scheint zuweilen die Wahrheit der Lokal-Töne der Wärme des Tones überhaupt auf zu opfern: so in einem hier ausgestellten Bilde eigener Composition, in Morgen-Beleuchtung: Felsen-Partieen mit Wasserfall, wo die Ferne sehr gelungen, dagegen aber der Vorgrund ohne Haltung ist.

Eine Reihe von Gemälden C. Graff’s, theils aus der sächsischen Schweiz, theils aus dem angrenzenden böhmischen Elbthale entlehnt, zeugen wiederum von den fleißigen Studien des Künstlers im Zeichnen nach der Natur, und von seinem Talent, die vortheilhafteste Ansicht eines Berges oder einer ganzen Gegend heraus zu heben. Um so mehr muß man bedauern, daß sein Colorit und sein Baumschlag ganz in Manier unter gehen. Beides bewährt sich an der sonst treflich gezeichneten größeren: Ansicht von Tetschen in Böhmen. Die Farben sind todt, die Gegenstände treten matt zurück, der Baumschlag ist gezwungen und von harten Formen. Möge der verdienstliche Künstler seinem Pinsel mehr Frische und Freiheit gewinnen!

Mit unübertreflicher Nettigkeit und gewohnter Fertigkeit hat C. G. Hammer die nachfolgenden zwei Aquarell-Gemälde ausgeführt: Ansicht von Lilienstein bei Schandau, und: Ansicht von Dresden, von Pieschen aus gezeichnet (aufgenommen). Reinlichkeit der Umrisse, richtige Proportionen der Zeichnung, möglichste Genauigkeit der Einzelheiten und sanfte gute Haltung des Ganzen findet sich hier vereint.

Drei Schweizer-Landschaften: Eine Berggegend der Schweiz mit ländlicher Wohnung an einem dasigen Gletscher: Wasser; eine Ansicht im Lauterbrunner Thal, auf das mit Schnee bedeckte Breit- und Mittags-Horn, zu deren Fuß der Schmadri-Bach aus eben sogenanntem Gletscher entspringt, und: eine Ansicht des Wetter-Horns, auf dem Wege von Meyringen nach Grindelwald, nach der Natur, von Adolph Kunkler in Oel gemalt, haben zwar manches Verdienst in der Zeichnung, in der Proportion und in der Darstellung der Gletscher, sind aber hart gemalt und haben wenig Haltung in Licht und Schatten.

Auch einige kleinere Landschaften fremder Künstler erfreuten den Beschauer: Prospekt von Neapel mit dem Vesuv, von dem Grabmale Virgils; und Prospekt der Insel Procida nebst dem Felsen-Ufer der Insel Ischia, mit dem feuerspeienden Vesuv im Hintergrunde, bei Mond-Beleuchtung, von Rebell in Rom; manierirt in der Färbung, übrigens fleißig ausgeführt.

Ansicht der Peterskirche und der Engelsburg, und: Ansicht des Capo Orkando, Nordküste von Sicilien, von Reinhold in Rom, sind nett und fleißig ausgeführt, insbesondere was die Architektur im ersten Bildchen anlangt; das Colorit ist wohl etwas bunt. – Dies gilt auch von folgenden Bildchen: Die Brücke Nomentana, mit dem Canpo Santo, im Hintergrunde die Sabiner Gebirge, Landschaft von Götzloff in Rom; und: Gegend von Tivoli mit Eseltreibern, von Klein in Nürnberg. Hrn. Klein’s lobenswerthe, reinliche Behandlung der Farben ist auch hier wieder zu erkennen, nur ließe sich wünschen, daß besonders in den Vorgrund mehr Uebereinstimmung und Verbindung gebracht wäre. Auch die Zeichnung der Beiwerke, insbesondere der Thiere und Menschen, ist vortreflich.

Zwei Marine-Prospekte aus Antwerpen, von Cogels, Hof-Maler in München, haben gute Haltung, ermangeln aber der Genauigkeit in den Details, die bei dem angenommenen kleinen Maaßstabe unerläßlich und das Hauptverdienst ausmachen zu müssen scheint.

Unter den architektonischen Gemälden ist als vorzüglich zu erwähnen: Der Dom von Freiburg im Breisgau, von Dominik Quaglio, in kleinem Maaßstabe, mit unendlichem Fleiße und größter Präcision gefertigt. Willig und freudig geht das Auge in die Betrachtung der kleinsten Einzelheiten ein, die ihm, minder nett dargestellt, nur Ueberdruß erregen würden. Um aus diesem kleinen Gemälde ein lebendiges Bild zu machen, hat es der Künstler mit zahlreichen, gut gruppirten und gezeichneten Figürchen ausgestattet.

Aeußere Ansicht des Doms von Meißen, mit Ergänzung der Thürme, von Goldstein, und: Ansicht eines Gothischen Domes, inventirt und gemalt von demselben; gut erfunden und ausgeführt: durch richtige Haltung von Licht und Schatten treten die Gebäude auf beiden Tafeln hervor. – Minder lobenswerth ist die innere Ansicht des Meißener Doms, von demselben jungen Künstler. Der Abschnitt des Bildes, durch welchen das Gewölbe abgebrochen wird, macht einen höchst unbefriedigenden Eindruck; überdies ist die Färbung der Architektur der Wahrheit nicht treu und der durch die Fenster sichtbare Luftton sehr unnatürlich aufgetragen.

(Der Schluß folgt.)
Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Die Dresdner Kunst-Ausstellung, 1822 (Verspäteter Bericht). Maurer, Berlin 1823, Seite 292. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Gesellschafter_Kunstausstellung_Dresden_1822.djvu/6&oldid=- (Version vom 1.12.2024)