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Seite:Der Gesellschafter Kunstausstellung Dresden 1822.djvu/7

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Die Dresdener Kunst-Ausstellung, 1822. (Schluß.)

Damit aber hier kein Theil der zeichnenden Kunst und des malerischen Fleißes mangele, so fand der Beschauer auch Stillleben, Thier-, Blumen- und Fruchtstücke. – Unter den ersteren sind als gelungene Werke zu nennen: Ein Stilleben, zusammen gebundene Vögel in Oel gemalt, von Krieger. Gleich als hingen sie an der Wand, so sind diese Vögel auf nacktem Brette, ohne Grundlegung gemalt, mit Wahrheit und so dargestellt, daß sie aus der Tafel hervor treten: als Studium an zu sehen. – Mehr Eigenschaften eines Bildes vereinen folgende Gemälde: Ein Küchentisch mit Fischen, und ein Gegenstück dazu, en gouache gemalt, nach der Natur, von Nicol. Peters. Gut zusammen gestellt und mit vieler Lebendigkeit geschildert; die Licht-Effekte sind vorsichtig und passend gebraucht. Eine, auf dem einen dieser Bilder angebrachte Katze zeigt uns den Künstler auch als höchst wackeren Schilderer lebendiger Thiere in ihren charakteristischen Eigenheiten. – Minder gut entworfen und kolorirt ist: Ein todter Hase und todtes Geflügel, Oel Gemälde von demselben Künstler. – Ein treflich en gouache gemaltes Haselhuhn, von A. Friedrich, läßt uns wünschen, größere Gemälde von ihm in dieser Art zu sehen.

An Frucht- und Blumen-Malereien waren zwar einzelne kleine Stücke in Oel von dem oben genannten Nicol. Peters und von Schlesinger, und andere Blätter en gouache von Moritz Tettelbach und A. Friedrich vorhanden, die das Talent der Verfertiger bewahren; allein wir können alle diese Schilderungen einzelner Zweige und Früchte nur als Studien zu dem Entwurfe größerer und eigentlicher Bilder ansehen; denn Bilder können aus der Thier-, Frucht- und Blumen-Malerei nur dann hervor gehen, wenn ihr von einem Hondeköter, Huysum, Mignon u. s. w. durch Zusammenstellung des Einzelnen eine Idee und eine sinnige Verbindung gegeben wird. Mögen sich die oben genannten talentvollen Maler in dieser Gattung zu solcher Höhe ihrer Künst erheben, dann werden auch sie durch zarte Schilderungen aus dem Thier- und Pflanzen-Reiche unseren Geist ansprechen, während sie jetzt durch täuschende Aehnlichkeit im Einzelnen nur das Auge ergötzen.

Wo die Natur in langwährendem Froste erstarrt, da kann auch die Kunst nicht gedeihen, welche die Darstellung des Nackten vorzüglich in Anspruch nimmt, darum eben wird der Norden nie die Bildhauer-Kunst fördern können, und die Künstler des Nordens müssen sich vom warmen Hauch des Südens anwehen lassen, damit sie mit keckem Meisel, das Ebenmaaß der Schönheit suchend, die nackten Glieder zu gestalten wagen. Marmor ist im Süden, Sandstein im Norden das Material der Bildhauer-Kunst: dort arbeitet sie geschichtliche und Ehren-Denkmäler der Lebenden, hier Grabsteine der Todten. – Obgleich nun auch bei uns nicht die Bildhauer-Kunst, sondern eigentlich nur die Steinmetz-Kunst einheimisch ist, so hat man doch neuerlich noch für Anleitung in jener bei der Akademie Sorge getragen. Auch lieferte die hier durchmusterte Kunst-Ausstellung fragmentarische plastische Arbeiten, meistens nur Studien, bei deren Betrachtung zu verweilen nicht lohnen würde. Doch können wir uns nicht enthalten: eine Psyche, 6 Fuß hoch, von Pirnaschem Sandstein rund gearbeitet: eigene Composition von Christoph Neuheusser, Schüler des Professor Petrich, mit Lob zu erwähnen, die, in leichter aufstrebender Stellung dargestellt, insbesondere im Betracht des groben Materials, als recht verdienstlich angesehen werden darf. Die eckige Haltung des rechten Armes der Figur und manche geringere Unvollkommenheiten, wie z. B. die Stärke des unteren Kinnes und des Halses, sind Fehler, welche gegen die Vorzüge des Werkes zurück treten. Der hier gelieferte Beweis von nicht gemeinem Talente des jungen Künstlers bewährt sich auch in einem zweiten Werkchen desselben: ein Basrelief, zehn Kinder, blinde Kuh spielend, in gebrannter Erde. Die Gruppe ist vortreflich geordnet; die Bewegungen und Stellungen der Kinder sind durchaus richtig, abwechselnd und anmuthig und ihre Formen lieblich. Wir wünschen dem jungen Künstler günstige Gelegenheit zu Ausbildung seines Talentes, die ihm hier kaum werden dürfte. – Von einem in Rom studirenden Zögling hiesiger Akademie, Hermann, ist ein Basrelief in Marmor eingesendet worden, welches Christus, Maria und Martha, nach eigener Composition, darstellt. Die Wahl des Gegenstandes, der sich mehr für zeichnende als für plastische Kunst eignet, ist keinesweges glücklich zu nennen; daher stehen auch die Figuren ohne Ausdruck isolirt, und mangeln jener Verbindung, die nur durch die Mittel der zeichnenden Kunst hätte hinein gebracht werden können; es herrscht Schlaffheit in den Stellungen und in der Fleischbildung; der Kopfputz der Maria, ein gewundenes Tuch, will herab fallen; dagegen sind die Haare der Martha weich und gelungen.

Was aber endlich die Leistungen technischer und verschönernder Kunst anlangt, so erwähnen wir davon nur die vervollkommneten Porzellan-Malereien, und zwei Versuche in Benvenuto Cellini’s Kunst: ein Altar-Gefäß mit Basreliefs, und ein Pokal eben so in Silber gearbeitet, von dem Gold- und Silber-Arbeiter Westermann in Leipzig, die, obgleich noch entfernt von der Vollkommenheit jenes Meisters, und vorzüglich hart in der Bildung menschlicher Gestalten, dennoch rühmlichen Fleiß beweisen.

Wenn wir aber bei diesen Betrachtungen die mitausgestellten Kupferstiche u. s. w. nicht erwähnt haben, so ist der Grund davon dieser, daß, außer zwei höchst mißlungenen größeren Blattern von A. Richter, nur Kleinigkeiten vorhanden waren, unter denen sich kaum ein Paar Blättchen: eine Partie bei Hamburg und eine Partie vom Vesuv, von Rhadel gezeichnet und von Veith gestochen, durch Nettigkeit auszeichnen. – Daher schließen wir nun unsere Bemerkungen mit den besten Wünschen und Hoffnungen für die nächste Kunst-Ausstellung.

Würden in der Zukunft gerechte Sichtungen der tentamina von eigentlichen Kunstwerken beliebt, so dürfte man auch zu hoffen berechtigt seyn, eine Reihe von Akt-Zeichnungen verschwinden zu sehen, die für diesmal, nach Art der Arabesken, um eines der Ausstellungs-Zimmer sich herum zogen, und deren Aufstellung sichtbar nur dazu bestimmt seyn kann, zarte Seelen – vor deren Ohren man, wie Goethe sagt: „das nicht darf nennen, was keusche Herzen nicht entbehren können“ – auf den Anblick der noch derberen und naiveren Umrisse in Antiken-Gallerien vor zu bereiten.

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Empfohlene Zitierweise:
Unbekannt: Die Dresdner Kunst-Ausstellung, 1822 (Verspäteter Bericht). Maurer, Berlin 1823, Seite 296. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Gesellschafter_Kunstausstellung_Dresden_1822.djvu/7&oldid=- (Version vom 1.12.2024)