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Seite:Der Gesellschafter Kunstausstellung Dresden 1822 Helmine von Chezy.djvu/2

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den stolzen Blick zu Boden geheftet, ist sehr brav; der Kopf des Großmeisters herrlich, die Färbung und Behandlung der schwarzen Ordenstracht bezeugt den kundigen Maler. Auch die Nebenwerke dieses Gemäldes sind mit vielem Fleiße behandelt. so z. B. ist des jungen Streiters Dogge aus dem Leben gegriffen. – Von Wagner ist, in der reinlichen, wohlgeordneten Bürgerstube, Großmutterchen und Enkelin bei der Arbeit, herrlich kolorirt, mit Treue und Leben dargestellt. – Schlesinger aus Heidelberg malte ein junges Mädchen, niederblickend auf ein Miniatur-Gemälde. Unverkennbares und schönes Streben nach der Darstellungsweise der alten, guten Meister, und herrliche Färbung. Wir danken Hrn. Schlesinger die Ansicht einer, für den Dom zu Speier zum Altarblatt, auf Anordnung des Kronprinzen von Bayern bestimmte Copie der großen Raphaelschen Madonna Sistina, die einzig treffliche und befriedigende, die seit langer Zeit gesehen worden. So hat uns auch in der Doubletten-Gallerie eine Copie der Nacht von Correggio, vom verstorbenen Vogel, überrascht, die ein schöner Traum. von jener seligen Nacht ist; denn nicht ganz ist sie vollendet, aber so weit sie es ist, unübertreflich. Correggio’s Nacht möchte nach schwerer zu copiren seyn, als Raphael’s, hehre Madonna. – Professor Carl Vogel war, als wir von Dresden reisten, beschäftigt, den Carton zu seinem Fresco-Gemälde in Pillnitz: die Philosophie, für die Ausstellung noch ein wenig aus zu arbeiten. Dies in der Idee und Ausführung so herrliche Bild, so einfach im Großen und so schön in der Einfachheit, wird jedes Auge erfreuen. Ein sinniger und hoher Freund der Künste, und des Schönen äußerte dem würdigen Meister scherzend: „Einen Vorzug hat Ihre Philosophie vor der Philosophie selbst voraus: sie ist fertig!“ – Unter den Landschaften ist es billig, zuerst die des genialen und bezaubernden Friedrich, dann des wackeren Norwegen Dahl zu erwähnen, die würdig einander gegenüber stehen. Ein herrlicher entlaubter Baum auf beschneetem Boden, durch dessen weithin verbreitete Zweige der Abendhimmel leuchtet, indeß ihn Vögel umflattern, erfreut uns durch Idee und durch die lebendige Wahrheit der Darstellung; nur wenige Landschafter verstehen, wie Ruisdael, Claude Lorrain u. A., das Leben des scheinbar Unbelebten in der Natur: Friedrich versteht es vollkommen. Auch sein Nebel-Bild ist herrlich. Die Elb-Gebirge tauchen auf aus dem Morgenhauch, der, wie ein Schleier, den Strom überzieht; Gesträuch, Schiffsmaste, Kies und Sand dammern aus der ahnungsvollen Hülle hervor. Das dritte Bild, welches wir in diesem Jahre dem werthen Meister verdanken, hat auch seinen eigenthümlichen Werth: es stellt einen Klosterhof vor, und ist sehr kräftig gefärbt und mit des Künstlers eigenem Zauber ausgestattet.– Dahl’s Landschaft: Dresden von der Morgenseite, sein Sturm, seine Insel Ischia, letzteres Gemälde besonders, gehören zu dessen, treflichsten Arbeiten. Alle drei nehmen sich im Saal, wie auch die von Friedrich, bei der Morgenbeleuchtung am schönsten aus, die überhaupt Gemälden am günstigsten ist. In dem entlaubten Baum auf beschneetem Boden, bei Purpurschein des schön gerötheten Himmels, hat sich Dahl mit Friedrich begegnet, doch kann man beide Gemälde, in der einem jeden besondern Eigenthümlichkeit, mit wahrem Vergnügen einander gegenüber sehen. – Unverkennbar und erfreulich offenbart sich in Dahl’s Werken jenes Verstehen der Natur, ohne welches die unübertreflichste Fertigkeit und Vollendung das Prinzip des Lebens entbehrt. Hier und da fanden wir im vorigen Jahre in seinen Werken – diesmal auch wohl in seiner, übrigens sehr ergreifenden Landschaft: der Meeressturm, Gelegenheit, zu wünschen, daß die Farbe natürlicher, nicht so hinüber spielend in das Bunte seyn möchte, wie hier bei den Meereswellen, wenn schon Calderon sagt, daß auf der bewegten Fläche:

Blumen ringen mit den Schäumen,
Oder Schäume mit den. Blumen.

Der paradiesische Landsitz, das stolze Schloß der liebenswürdigen Gräflichen Familie Thun-Hohenstein, von Graf’s fleißiger Hand, begrüßte mich hier als theure, willkommene Erinnerung. Das hehre Gebirg und das lachende Thal zu Tetschen an der Elbe, mit seinen Rosengarten, die jede Hütte umkranzen, mit gigantischen Nußbäumen und tausendjährigen Linden, erinnert lebhaft an die schönsten Ufer vom Neckar und dem Rhein. Wohl nie war ein trauliches Thal so weise beschirmt von Felsmassen vor den Stürmen des Nords und Nordwests, und so anmuthsvoll offen gen Osten, Süden und gen Sonnen-Untergang, als dieses; und nirgends sieht man herrlichere Bäume, schönere Wiesen und anmuthiger liegende Meiereien, die rings um den Bezirk des Schlosses sich verbreiten: Die ganze Gegend ist ein Idyll, die Nähe bezaubernd, die Ferne ahnungsvoll. Wenn man das blühende, quellendurchströmte Thal mit dem Felsenschloß – das, hervor blickend aus den Wipfeln des entzückenden Parkes, die Gegend beherrscht – hinter sich läßt, und sich westlich an der Elbe entlang wendet, so beut der Weg am Ufer, oder der Fahrweg durch lachende, wohlbestellte Felder über Tilkowitz nach dem traubenreichen Aussig, Punkte dar, die denen am Rhein nichts nachgeben, und, abgerechnet, daß die Elbe nicht so breit ist, bis zur Täuschung an die Rheinufer erinnern. Zwischen Tetschen und Tilkowitz erheben sich mehrere Felsgruppen von Bedeutung, dem Maler und dem Dichter Aufforderung zu künstlerischer Darstellung durch Schönheit der Gestaltung und durch die Sagen, die auf ihnen ruhen. Graf giebt uns den Sperlingstein mit großer Wahrheit, und von einem sehr glücklichen Gesichtspunkt aus, im Bilde wieder. – Der, als Mensch und wissenschaftlich gebildeter Arzt ehrenwerthe Professor Dr. Carus, der, ein fleissiger Dilettant, immer tiefer in das Wesen der Kunst eindringt, darf nicht übergangen werden, wenn man von der diesjährigen Ausstellung spricht. Er beschenkte uns mit mehreren sinnigen und lieben Bildern, wovon ich nur die Sennenhütte und die Phantasie aus der Alpenwelt nenne. Ein Adler-Paar, horstend auf hoher schroffer Felsenspitze; ringsum aus der Schlucht, aus dem Nebel steigen höhere Alpen hervor. – Es war noch manches Lobenswerthe schon da, als ich die Ausstellung besuchte, nur daß mein Gedächtniß mir nicht treu die flüchtige Anschauung wieder giebt. Bei meiner nahen Rückkehr nach Dresden hoffe ich, Alles ruhiger zu sehen und Ihnen darüber zu berichten. Lassen Sie mich jetzt bei einem Gegenstande verweilen, mit welchem ich Gelegenheit hatte, mich noch vor der Ausstellung zu befreunden. Dies sind die Miniatur-Gemälde des wackeren Oechs aus Mietau, ursprünglich aus Schwaben gebürtig, der in seinem Fache eine bisher noch ungekannte Höhe technischer Vollendung erstiegen hat. – Die Gemälde von Oechs sind mit Wasserfarben auf Pergament, oder auch auf Elfenbein, mit eigenthümlicher Zubereitung und noch nicht dagewesener Behandlung, so kraftvoll und saftig, wie die treflichsten Oel-Gemälde. Der Grund ist ganz gedeckt, und man könnte die Behandlung plastisch nennen, so gediegen ist sie, so sehr behält jede Muskel ihr Recht, und so treflich rundet sich Alles, wie denn auch die Färbung im hohen Grade effektvoll ist. – Auf der Ausstellung befindet sich: 1.). Das köstliche Bild eines niederländischen Meisters, gemalt wie ein Gerard Dow; 2) Eulenböck, nach Tieck’s Novelle: „Die Gemälde“; 3) ein alter Kopf; 4) ein Greis; 5) eine Magdalene; 6) eine Sybille; 7) ein Christus, nach Guido Reni; 8) eine Madonna, nach Francesko Solimene; 9) eine Madonna, nach Trevisani, beide frei copirt: – In der Werkstatt des Künstlers sahen wir: Mignon, und bei Hrn. K. C. Krautling (aus Mietau) ein Sybille von Oechs, wie mehrere Portraits. – Tieck’s Novelle: „Die Gemälde“ (in Gleditsch’s Taschenbuch zum geselligen Vergnügen“) ist so bekannt geworden, daß vielleicht nicht zu erörtern nöthig, wer Eulenböck ist. Kein Wunder, wenn diese geistreiche Darstellung unsere Künstler lebhaft ergriff.

(Der Schluß folgt.)