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„Auf diese Gelegenheit.“ Er sagte es so verbissen und zugleich so selbstverständlich, dass sie durch diese Worte tief in ihn hineinsah wie durch offene Fenster seiner Seele.

„Ach so,“ nickte sie begreifend und kannte den ganzen Mann.

Er schwieg eine Weile, ehe er mit einer Leidenschaftlichkeit fortfuhr, die das Feuer verriet, das in ihm glomm.

„Ja, mein Gott, wie soll man denn hinaufkommen? Glauben Sie, ich will als Chorist enden? Sie verstehen das nicht. Sie sind in jungen Jahren hinaufgelangt. Sie sind eine der Wenigen, denen es leicht gelungen ist. Aber ich! Soll das alles umsonst sein, was hier drinnen an Können und Wollen lodert?“ Er schlug sich heftig mit der Faust gegen die Brust. „Immer nur im Chor. Nie die kleinste Rolle. Immer nur die dicken Namen, immer nur die Prominenten werden dazu engagiert. Aber sagen Sie mir um alles in der Welt, wie soll man sich einen Namen schaffen, wenn man nie dran kommt?! Es ist, als wenn man gegen Mauern anrennt. Die Agenten lächeln und zucken die Achseln. Die Direktoren zucken die Achseln und lächeln, – wenn sie grade in guter Stimmung sind und einem nicht die Tür weisen. Wie soll man hinaufgelangen?“

Ein Schrei der Verzweiflung stieg in die kalte graue Februarluft. Jo schwieg beklommen. Sie wusste keinen Rat. Auch sie kannte die Künstlermisere, die sie nie persönlich erfahren hatte. Aber sie sah und hörte genug rings um sich herum, denn sie ging mit offenen Augen und hellhörigen Ohren und weit erschlossenem mitfühlenden Gemüt ihren leichten Weg empor.

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 21. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)