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Chorist und jeder Beleuchter wusste, dass sie Baras Geliebte, wusste, dass sie ihm von Amerika nach Berlin gefolgt war, dass sie für eine, an ihrem Ruhm gemessene, lächerliche Gage die Rolle der Donna Felipa übernommen hatte, um in seiner Nähe zu sein. Alles dies wusste der Kulissenklatsch. Und sie wusste, dass alle ihre Stellung zu Bara kannten. Darum fällte sie diese rohe öffentliche Zurückweisung. Trotz der fahlen Beleuchtung sah jeder, wie sie erbleichte und ihre Gestalt zusammensank. Ihre Schultern sanken wie gebrochene Flügel. Sie wich zurück. Da trat Jo Ternitz, die Sopranistin, zu ihr.

Jo war nicht schön. Aber selbst in diesem Dämmer der Bühne schien es, als würde sie von einem Scheinwerfer bestrahlt. So sah sie immer aus. So hell. So von innen beleuchtet. So in den Mittelpunkt gerückt. So kontrastreich hell und dunkel war ihr rassiges Gesicht.

Es waren eigentlich nur wenige Linien: feine Brauen – echte, grosse längliche blaue Augen, eine starke charaktervolle Nase, ein grosser Mund mit prachtvollen Zähnen, ein festes, energisches Kinn. Braune Haare als Rahmen.

Sie trat dicht hinter Fatma Nansen und strich mit einer scheuen kindlichen Bewegung über den Rücken der Kollegin. Sie fühlte, wie das Fleisch unter dem Kleid zitterte. Sie wollte ihr nur zeigen, dass sie bei ihr stand, wollte sie trösten und kameradschaftlich besänftigen.

Doch ihre Zärtlichkeit nahm Fatma die letzte Beherrschung. Sie litt im Geheimen schon lange. Jetzt hatte Bara den letzten Schein zertrümmert. Unter vier Augen behandelte er sie seit Tagen mit der Rücksichtslosigkeit, die er heute vor allen offenbart hatte. Seitdem sie in

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/5&oldid=- (Version vom 31.7.2018)