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der Atlanta, Master Braxler, im Cafee Westminster eine Partie Schach gespielt. Braxler war ein alter Bekannter von ihm. Er hatte ihm erzählt, daß der Lord nun bald nach Kalkutta in See zu gehen gedenke. Um 7 Uhr abends hatten sie sich getrennt.

Am Dienstag früh drei Uhr hatte eine Barkasse der Hafenpolizei bei strömendem Regen die Atlanta etwa 500 Meter nach Osten zu auf der Reede getroffen. Die Jacht fuhr mit vorschriftsmäßigen Lichtern und mit halber Kraft zwischen den ankernden Schiffen hindurch. Da Kapitän Braxler die Jacht bei der Hafenpolizei nicht abgemeldet hatte, wie der auf der Barkasse befindliche Polizeibeamte wußte, nahm dieser an, es handele sich nur um eine Maschinenprobe, und ließ die Atlanta ungehindert passieren.

Aber – die Jacht kehrte nicht zurück. Der Dienstag und der Mittwoch vergingen. Davis telegraphierte Mittwoch abend an den Lord, der sich in Dehli befand. Der Lord depeschierte zurück, daß er Kapitän Braxler keinen Befehl zum Verlassen des Hafens von Madras gegeben hatte, und reiste sofort mit seiner Gattin ab, weil er bereits argwöhnte, daß sich irgend etwas Besonderes zugetragen haben müsse.

Davis hatte nach Eintreffen der Antwort Blackmoores sofort die Polizei mobil gemacht, um zunächst einmal festzustellen, ob die ganze Besatzung sich auf der Atlanta befände. Einschließlich Kapitän Braxlers zählte diese Besatzung vierzehn Köpfe. All die vierzehn Leute waren mit verschwunden.

Davis konnte nur annehmen, daß hier irgend ein Schurkenstreich vorlag und daß die Atlanta von einer Bande von Verbrechern in der regnerischen Nacht entführt worden war.

Diese Ansicht äußerte er jetzt auch Harst gegenüber, der ihn bisher durch keine Zwischenfragen unterbrochen hatte.

Wir saßen um einen großen Tisch herum in kostbaren Brokatsesseln. Das Hotel Imperial, in dem der Lord abgestiegen war, hätte jeder europäischen Weltstadt Ehre gemacht. Es war das erste in Madras.

„Haben Sie denn hier in Madras Verbrecher, denen Sie einen so großzügigen Streich zutrauen, Master Davis?“ fragte Harald nun. „Die Entführung einer Jacht muß doch sehr sorgfältig vorbereitet werden. Ein solcher Plan erfordert genaueste Abwägung aller Einzelheiten.“

„Hm – eigentlich gibt es hier kaum so intelligente Schurken,“

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Walther Kabel: Der Piratenschoner. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1921, Seite 4. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Piratenschoner.pdf/4&oldid=- (Version vom 31.7.2018)