ungesetzlicher Handlungen, und zwar gerade in Dingen, in welche die Blutfrage mit hineinspielt. Es kann uns somit kein Mensch verargen, wenn wir aus alledem die einzig logisch mögliche Schlußfolgerung ziehen, die nämlich, daß Juden bezw. Israeliten auch heute noch den Ritualmord bezw. den Mord aus vermeintlichen religiösen Gründen, wenigstens unter Umständen, als geboten und seine Unterlassung als unstatthaft ansehen.“
„Wenigstens unter Umständen,“ – das ist eine hochbedeutsame Einschränkung, die der hervorragende Mann der Wissenschaft und des praktischen Lebens in seine Schlußfolgerung einfügt. Er meint also, nur unter gewissen Umständen könnten die Juden einen Ritualmord oder ein Menschenopfer in der Meinung vollbringen, es sei der Wille Gottes, und die Unterlassung des Mordes sei eine Sünde. Was für Umstände hat er aber dabei im Auge? Ich kann mir die Sache nur so vorstellen, daß ein Jude zuerst in den Zustand des Rabbinats-Kandidaten Bernstein, in den Zustand religiöser Verrücktheit kommen muß, ehe er den Wahn hegen könnte, Gott habe ihm befohlen, daß er wie der König Saul oder der Prophet Elias ihm gewisse Menschen opfern solle, und daß die Unterlassung dieses Gebotes unstatthaft sei. Wenn man nachliest, was ich in meinem Buche über den Ritualmord von den Menschenopfern im allgemeinen und insbesondere der Juden gesagt habe, müßte ein Jude in der That zuvor verrückt geworden sein, ehe er wähnen könnte, Gott selbst befehle ihm, Menschenopfer darzubringen, während er unter Todesstrafe dieselben zugleich verbietet. Der Versuch Böcklers, die Ritualmorde und Menschenopfer der Juden aus der Heiligen Schrift nachzuweisen, ist zugleich der Nachweis dafür, daß sein Gutachten eine Leichenrede auf den Ritualmord-Aberglauben ist.
An den Redakteur schließt sich im Leichenzuge wieder ein Schriftsteller an, Max Bewer aus Dresden, der zur Abwechslung einige neue Gedanken bringt. Er glaubt ganz fest an den Blutgebrauch unter den Juden, und beruft sich dabei auf sein Buch, das unter dem Titel „Gedanken“ zu Dresden in der Druckerei von Glöß erschienen ist. Dasselbe enthält ein ausführliches Kapitel „Ritualmorde“ mit Gründen für diesen Glauben.
Von welcher Art seine Beweise sind, kann man gleich an dem ersten Beweise sehen, den er in seinem „Gutachten“ mit den Worten
Friedrich Frank: Nachträge zu „Der Ritualmord vor den Gerichtshöfen der Wahrheit und Gerechtigkeit“. Verlagsanstalt vorm. G. J. Manz Buch- und Kunstdruckerei A.-G. München-Regensburg, Regensburg 1902, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Ritualmord_vor_den_Gerichtsh%C3%B6fen_(1902).djvu/81&oldid=- (Version vom 31.7.2018)