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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96

meiner Vermutung der untrüglichste Beweis – stets dieselbe, so auffallend einwärts gerichtete Stellung des rechten Fußes.“

Das junge Mädchen hatte plötzlich die Augen zu Boden geschlagen. In ihrem ganzen Wesen offenbarte sich eine deutliche Unruhe, die sie nur mühsam verbergen konnte. Sie schien mit einem Entschlusse zu kämpfen[1], öffnete auch schon die Lippen, als ob sie ihr Herz durch irgendein Geständnis erleichtern wollte. Aber da bemerkte ihr Blick, der fragend zu ihrem Vater hinübergeflogen war, in dessen Gesicht ein blitzschnelles, warnendes Hochziehen der Augenbrauen. Sie verstand den Wink, und trotzdem sich ihre ehrliche Natur dagegen sträubte, auch weiterhin vor ihrem Verlobten ein Geheimnis zu haben, so schwieg sie doch, blickte jetzt wieder scheu vor sich hin in schlecht verhehlter Verwirrung. Markdorf hatte von alledem nichts gesehen, war auch zu sehr mit seinen eigenen Gedanken beschäftigt, die ihm dazu drängten, Maria jenen Verdacht mitzuteilen, den er bisher nur aus leicht begreiflicher Rücksicht auf ihre verwandtschaftlichen Gefühle verheimlicht hatte. Heute aber, wo der alte Jaworski und seine Tochter zu ihm in so nahe Beziehungen getreten waren, glaubte er von dieser Rücksicht absehen zu können und begann daher nach der kurzen Gesprächspause etwas zögernd, indem er das Wort hauptsächlich an seine Braut richtete:

„Diese sonderbare Fußspur hat mich nun längst schon auf die Vermutung gebracht, daß der geheimnisvolle Wilddieb eine Person sein müsse, die hinkt oder doch jedenfalls an einer starken Verkrümmung des einen Beines leidet. Denn nur so läßt sich die merkwürdige Fährte eben diese so ganz unnormale[2] Stellung des rechten Fußes, erklären. Und durch vorsichtige Nachfragen brachte ich dann heraus, daß es hier in der nächsten Umgebung von Buchberg wirklich drei Leute gibt, die ein ähnliches körperliches Gebrechen aufzuweisen haben. Doch zwei von diesen konnten nach alledem, was ich von ihnen wußte, für einen solchen Verdacht kaum in Betracht kommen, – ich meine den


  1. Vorlage: kämpften
  2. Vorlage: unormale
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Walther Kabel: Der Schlingensteller. In: Der Mord im maurischen Pavillon, S. 78–96. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1920, Seite 87. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Schlingensteller.pdf/10&oldid=- (Version vom 31.7.2018)