Seite:Der Stechlin (Fontane) 044.jpg

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Gundermann fort, „muß ich wieder an unsern guten alten Kortschädel denken. Is nu auch hinüber. Na, jeder muß mal, und wenn irgend einer seinen Platz da oben sicher hat, der hat ihn. Ehrenmann durch und durch, und loyal bis auf die Knochen. Redner war er nicht, was eigentlich immer ein Vorzug, und hat mit seiner Schwätzerei dem Staate kein Geld gekostet; aber er wußte ganz gut Bescheid, und, unter vier Augen, ich habe Sachen von ihm gehört, großartig. Und ich sage mir, solchen kriegen wir nicht wieder…“

     „Ach, das ist Schwarzseherei, Herr von Gundermann. Ich glaube, wir haben viele von ähnlicher Gesinnung. Und ich sehe nicht ein, warum nicht ein Mann wie Sie…“

     „Geht nicht.“

     „Warum nicht?“

     „Weil Ihr Herr Papa kandidieren will. Und da muß ich zurückstehen. Ich bin hier ein Neuling. Und die Stechlins waren hier schon…“

     „Nun gut, ich will dies letztere gelten lassen, und nur was das Kandidieren meines Vaters angeht – ich denke mir, es ist noch nicht so weit, vieles kann noch dazwischen kommen, und jedenfalls wird er schwanken. Aber nehmen wir mal an, es sei, wie Sie vermuten. In diesem Falle träfe doch gerade das zu, was ich mir soeben zu sagen erlaubt habe. Mein Vater ist in jedem Anbetracht ein treuer Gesinnungsgenosse Kortschädels, und wenn er an seine Stelle tritt, was ist da verloren? Die Lage bleibt dieselbe.“

     „Nein, Herr von Stechlin.“

     „Nun, was ändert sich?“

     „Vieles, alles. Kortschädel war in den großen Fragen unerbittlich, und Ihr Herr Vater läßt mit sich reden…“

     „Ich weiß nicht, ob Sie da recht haben. Aber wenn es so wäre, so wäre das doch ein Glück…“

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin 1899, Seite 44. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_044.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)