Seite:Der Stechlin (Fontane) 223.jpg

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können, daß ich im Haag war und mit einer Großfürstin über Land fahren konnte. Glauben Sie mir, Großfürstinnen, selbst wenn sie Mängel haben (und sie haben Mängel), sind mir immer noch lieber als das Landesgewächs von Quaden-Hennersdorf, und mitunter ist mir zu Mut, als gäbe es keine Weltordnung mehr.“

     „Aber Herr Superintendent…“

     „Ja, Lorenzen, Sie setzen ein überraschtes Gesicht auf und wundern sich, daß einer, für den die hohe Klerisei so viel gethan und ihn zum Superintendenten in der gesegneten Mittelmark und der noch gesegneteren Grafschaft Ruppin gemacht hat, – Sie wundern sich, daß solch zehnmal Glücklicher solchen Hochverrat redet. Aber bin ich ein Glücklicher? Ich bin ein Unglücklicher…“

     „Aber Herr Superintendent…“

     „…Und möchte, daß ich eine hundertundfünfzig-Seelen-Gemeinde hätte, sagen wir auf dem ‚toten Mann‘ oder in der Tuchler Heide. Sehen Sie, dann wär’ es vorbei, dann wüßt’ ich bestimmt: ‚du bist in den Skat gelegt‘. Und das kann unter Umständen ein Trost sein. Die Leute, die Schiffbruch gelitten und nun in einer Isolierzelle sitzen und Tüten kleben oder Wolle zupfen, das sind nicht die Unglücklichsten. Unglücklich sind immer bloß die Halben. Und als einen solchen habe ich die Ehre mich Ihnen vorzustellen. Ich bin ein Halber, vielleicht sogar in dem, worauf es ankommt; aber lassen wir das, ich will hier nur vom allgemein Menschlichen sprechen. Und daß ich auch in diesem Menschlichen ein Halber bin, das quält mich. Über das andre käm’ ich vielleicht weg.“

     Lorenzens Augen wurden immer größer.

     „Sehen Sie, da war ich also – verzeihen Sie, daß ich immer wieder darauf zurückkomme – da war ich also mit siebenundzwanzig im Haag und kam in die

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_223.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)