Seite:Der Stechlin (Fontane) 319.jpg

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Lindengange stand, zwischen Grabsteinen links und rechts und das Abendläuten von der Kirche her begann, da war es mir, als käme wieder der Zug mit den Mönchen den Lindengang herauf, und ich sah Editha und sah auch den König, trotzdem ihn die Zweige halb verdeckten. Und dabei (wenn auch eigentlich der Papa schuld ist und nicht Sie, Gräfin) gedacht ich Ihrer in alter und neuer Dankbarkeit.“

     „Und daß Sie mich besiegt haben. Aber das sage nur ich. Sie sagen es natürlich nicht, denn Sie sind nicht der Mann, sich eines Sieges zu rühmen, noch dazu über eine Frau. Waltham-Abbey kenn’ ich nun, und an Ihre Phantasie glaub’ ich von heut an, trotzdem Sie mich mit Traitors Gate im Stiche gelassen. Daß sie nebenher noch, und zwar Armgard zu Ehren, in Martins le Grand waren, dessen bin ich sicher und ebenso, daß Sie Papas einzige Forderung erfüllt und der Kapelle Heinrichs des Siebenten Ihren Besuch gemacht haben, diesem Wunderwerk der Tudors. Welchen Eindruck hatten Sie von der Kapelle?

     „Den denkbar großartigsten. Ich weiß, daß man die herabhängenden Trichter, die sie ‚Tromben‘ nennen, unschön gefunden hat, aber ästhetische Vorschriften existieren für mich nicht. Was auf mich wirkt, wirkt. Ich konnte mich nicht satt sehen daran. Trotzdem, das Eigentlichste war doch noch wieder ein andres und kam erst, als ich da zwischen den Sarkophagen der beiden feindlichen Königinnen stand. Ich wüßte nicht, daß etwas je so beweglich und eindringlich zu mir gepredigt hätte, wie gerade diese Stelle.“

     „Und was war es, was Sie da so bewegte?“

     „Das Gefühl: ‚zwischen diesen beiden Gegensätzen pendelt die Weltgeschichte.‘ Zunächst freilich scheinen wir da nur den Gegensatz zwischen Katholizismus und Protestantismus zu haben, aber weit darüber hinaus (weil

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 319. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_319.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)