Seite:Der Stechlin (Fontane) 363.jpg

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freizugeben. Aber Melusine, deren Angst vor ihm wiederkehrte, zauderte, was eine momentane Verlegenheit schuf. Inzwischen war aber auch Dubslav herangekommen. „Ich fürchtete schon, daß Lorenzen Sie nicht herausgeben würde. Seine Gelegenheiten, hier in Stechlin ein Gespräch zu führen, sind nicht groß und nun gar ein Gespräch mit Gräfin Melusine! Nun, er hat es gnädig gemacht. Jetzt aber, Gräfin, halten Sie gefälligst Umschau; vielleicht daß Lorenzen schon geplaudert hat oder gar Engelke.“

     „So ganz im Dunkeln bin ich nicht mehr; ein Küstriner Schloßfenster, ein paar Kirchendachreliquien und dazu Wetterhähne, – lauter Gegenstände (denn ich bin auch ein bißchen fürs Aparte), zu deren Auswahl ich Ihnen gratuliere.“

     „Wofür ich der Frau Gräfin dankbar bin, ohne sonderlich überrascht zu sein. Ich wußte, Damen wie Gräfin Ghiberti haben Sinn für derlei Dinge. Darf ich Ihnen übrigens zunächst hier diesen Lebuser Bischof zeigen und hier weiter einen Heiligen oder vielleicht Anachoreten? Beide, Bischof und Anachoret, sind sehr unähnlich untereinander, schon in Bezug auf Leibesumfang, – der richtige Gegensatz von Refektorium und Wüste. Wenn ich den Heiligen hier so sehe, taxier’ ich ihn höchstens auf eine Dattel täglich. Und nun denk’ ich, wir fahren in unsrer Besichtigung fort. Krippenstapel war nämlich eben dabei, der Comtesse Armgard unsern Derfflingerschen Dragoner mit der kleinen Standarte und der Jahreszahl 1675 zu zeigen. Bitte, Gräfin Melusine, bemerken Sie hier die Zahl, dicht unter dem brandenburgischen Adler. Es wirkt, wie wenn er die Nachricht vom Siege bei Fehrbellin überbringen wolle. Daß es ein Dragoner ist, ist klar; der Filzhut mit der breiten Krempe hebt jeden Zweifel, und ich hab’ es für mein gutes Recht gehalten, ihn auch speziell als Derfflingerschen Dragoner festzusetzen. Aber mein Freund Krippenstapel will davon nichts wissen, und

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 363. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_363.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)