Seite:Der Stechlin (Fontane) 416.jpg

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ja so weit ganz gut; nur so für den ganzen Tag ist sie doch zu wenig. Du könntest mir lieber ein Buch bringen.“

     „Was für eines?“

     „Is egal.“

     „Da liegt ja noch das kleine gelbe Buch: „Keine Lupine mehr!““

     „Nein, nein; nicht so was. Lupine, davon hab’ ich schon so viel gelesen; das wechselt in einem fort und eins ist so dumm wie das andre. Die Landwirtschaft kommt doch nicht wieder obenauf oder wenigstens nicht durch so was. Bringe mir lieber einen Roman; früher in meiner Jugend sagte man Schmöker. Ja, damals waren alle Wörter viel besser als jetzt. Weißt du noch, wie ich mir in dem Jahre, wo ich Zivil wurde, den ersten Schniepel machen ließ? Schniepel is auch solch Wort und doch wahrhaftig besser als Frack. Schniepel hat so was Fideles: Einsegnung, Hochzeit, Kindtaufe.“

     „Gott, gnädiger Herr, immer is es doch auch nicht so. Die meisten Schniepel sind doch, wenn einer begraben wird.“

     „Richtig, Engelke. Wenn einer begraben wird. Das war ein guter Einfall von dir. Früher würd’ ich gesagt haben ‚zeitgemäß‘; jetzt sagt man ‚opportun‘. Hast du schon mal davon gehört?“

     „Ja, gnädiger Herr, gehört hab’ ich schon mal davon.“

     „Aber nich verstanden. Na, ich eigentlich auch nich. Wenigstens nicht so recht. Und du, du warst ja nich mal auf Schulen.“

     „Nein, gnädiger Herr.“

     „Alles in allem, sei froh drüber… Aber Engelke, wenn du mir nu ein Buch gebracht hast, dann will ich mich mit meinem Stuhl doch lieber gleich auf die Veranda ’rausrücken. Es ist wie Frühling heut. Solche guten Tage muß man mitnehmen. Und bringe mir

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 416. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_416.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)