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Darum erwiderte ich, daß unsere deutschen Geberkreise Wert darauf legten, daß sie durch ihre eigenen Beauftragten über die Verwendung ihrer Mittel unterrichtet würden, was Enver Bey ablehnte. Die Gelassenheit, mit der er seine deutschen Verbündeten auf gleiche Stufe mit jedem Fremden stellte, sagte mir, daß hier jedes weitere Wort verloren war. Ich war daher auch später nicht erstaunt, als im April 1916 ein schriftliches Gesuch von drei deutschen Gesellschaften, das mit der Befürwortung der Deutschen Botschaft an die Pforte gerichtet wurde, eine Hilfsexpedition in die Notstandsgebiete senden zu dürfen, aus denselben Gründen, die mir Enver Pascha vortrug, von der Pforte abgelehnt wurde, mit dem Wortlaut „daß die türkische Regierung keinerlei fremde Hilfe für die Armenier zulassen könne, da hierdurch die Armenier in ihren Hoffnungen auf das Ausland bestärkt würden“. Dieselbe Antwort hatte der deutsche Konsul Loytved in Damaskus einen Monat zuvor von dem Oberkommandierenden der 4. Armee, Djemal Pascha, erhalten, als er anfragte, welche Aussichten eine vom American Bible House geplante Hilfsunternehmung für die notleidenden Armenier in Damaskus haben würde. Die Antwort des Paschas lautete, „daß er persönlich das Los der Armenier nach Möglichkeit erleichtern möchte, aber strenge Weisungen von Konstantinopel habe, jede deutsche und amerikanische Beteiligung an einer Hilfsunternehmung für Armenier zu verhindern, da der innere Widerstand der Armenier gegen die türkische Regierung nur gebrochen werden könne, wenn ihnen beigebracht werden könne, daß sie keinerlei Unterstützung von einer fremden Regierung zu erwarten hätten. Der Deutsche war in Fragen der Menschlichkeit so gut ein „Fremder“ für den Türken als das neutrale Amerika. Man kann gewiß sein, daß im Falle eines Sieges die jungtürkische Regierung jede ausländische Missions-Waisen- und Schularbeit im ganzen osmanischen Reich verboten haben würde.

Da die Hauptabsicht meines Gesprächs gescheitert war, wollte ich wenigstens noch versuchen, durch den allvermögenden

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Johannes Lepsius: Der Todesgang des armenischen Volkes. Tempelverlag, Potsdam 1919, Seite XVII. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Todesgang_des_armenischen_Volkes.pdf/20&oldid=- (Version vom 31.7.2018)