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Lautlos war er aus der Dunkelheit an das Feuer getreten. So stand er einen Augenblick regungslos da, dann ließ er sich schnell mit untergeschlagenen Füßen auf dem Platz neben dem Häuptling nieder, der wegen der Abwesenheit eines anderen ebenbürtigen Häuptlings frei war, zog eine lange Pfeife aus dem Gürtel, stopfte den roten Steinkopf aus einem Beutel mit Tabak, entzündete ihn und begann schweigend zu rauchen.

Ebenso stumm betrachteten ihn die anderen Indianer; aber, so sehr sich diese gestählten Krieger auch beherrschen konnten, man sah ihnen ihr grenzenloses Staunen doch an. Wer war dieser Indianer? Die Wachen hatten ihn passieren lassen, also schienen diese ihn zu kennen. Aber dann hätte er doch wenigstens begleitet werden müssen. Nein, es war nicht anders möglich, als daß er aus dem Boden gewachsen war. Hierzu kam, daß die Sioux seinen Stamm nicht erkennen konnten, denn der Krieger war zwar über und über tätowiert, doch er trug an seinem Körper die Totems sämtlicher Stämme des Territoriums zusammen, auch das der Sioux. Es war offenbar eine vom Himmel herabgekommene Erscheinung, ein Blendwerk der Augen, und wie ein solches starrte ihn auch Kurzhand entgeistert an, der die Lippen bewegte, ohne ein Wort hervorbringen zu können.

So vergingen fünf Minuten.

„Meine roten Brüder haben den Tomahawk ausgegraben,“ hub der Fremde endlich mit tiefer Stimme an. „Gegen wen wollen sie den Kriegspfad betreten?“

„Mein roter Bruder trägt das Totem des Sioux, und der rote Adler kennt ihn doch nicht,“ entgegnete der Häuptling. „Bist Du ein Sioux, so mußt Du wissen, wen die Sioux zu rächen haben.“

„Den springenden Hirsch, und dieser Mann dort mit dem doppelten Blute hat ihn ermordet,“ sagte der Fremde, auf Kurzhand deutend.

Da wich plötzlich der Bann von dem Mestizen. Mit einem wilden Fluche schnellte er empor.

Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Der rote Messias. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_rote_Messias.pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)