Seite:Der rote Messias.pdf/13

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

„Glaubt ihm nicht,“ schrie er mit farblosem Gesicht und rollenden Augen, „das ist der Lügner, von dem ich Euch erzählte, das ist der, der sich für den Sohn des großen Geistes ausgiebt und Häuptling aller Häuptlinge werden will! Seid Ihr denn blind, Krieger der Sioux!? Es ist ein Spion der Cherokesen!“

Er riß seinen Revolver aus dem Gürtel. Noch ehe er ihn aber hatte erheben können, hatte sich der Fremde aus seiner sitzenden Stellung mit dem Sprunge eines Panthers auf den Mestizen gestürzt.

Auch die Sioux wollten, nach den Waffen greifend, aufspringen, doch ein Wink des Häuptlings bannte sie auf ihren Platz. Von vierhundert[WS 1] Kriegern umringt, konnte der Fremde nicht entkommen und sollte sich jetzt für seine That verantworten.

Außerdem lag auch schon Kurzhand gebunden und geknebelt am Feuer, und auch der Fremde hatte sich wieder ruhig, als ob nichts geschehen wäre, niedergelassen.

„Todespfeil hat Euch den Mörder des springenden Hirsches für den Marterpfahl ausgeliefert,“ sagte er. „Nicht Todespfeil, sondern Kurzhand ist ein Spion und Verräter. Er und Old Tom und wie noch viele andere Blaßgesichter sind vom alten Vater im weißen Hause[1] an den Red River geschickt worden, um unter den roten Kindern des großen Geistes Unfrieden zu stiften, bis sie sich gegenseitig den letzten Skalp genommen haben. Kurzhand hat den springenden Hirsch mit einem Pfeil der Cherokesen rücklings erschossen, auf daß Ihr das friedliche Dorf der Cherokesen überfallen solltet.“

Der Mestize machte die krampfhaftesten Anstrengungen, ein Wort hervorzubringen.

Doch finster blickte der Häuptling auf den Sprecher.

„Du kommst, um uns mit glatten Worten einzuschläfern,“ sagte er. „Hinter Dir schleichen die Cherokesen. Aber meine Krieger wachen.“


  1. Das weiße Haus heißt das Regierungsgebäude in Washington. Den Präsidenten nennen die Indianer allgemein den ‚alten Vater‘.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Vierhundert
Empfohlene Zitierweise:
Robert Kraft: Der rote Messias. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_rote_Messias.pdf/13&oldid=- (Version vom 31.7.2018)