Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 143.jpg

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Die Köchin war ihm dafür dankbar, that nicht nur, was er begehrte, sondern bereitete ihm freiwillig seine süße Milch zum Frühstück. Auch übernahm der Geist die Aufsicht über die andern Knechte und Mägde, gab Achtung, was ihre Verrichtung war, und bei der Arbeit ermahnte er sie mit guten Worten fleißig zu seyn. Wenn sich aber jemand daran nicht kehrte, ergriff er auch wohl den Stock und gab ihm damit die Lehre. Die Mägde warnte er oft vor dem Unwillen ihrer Frau und erinnerte sie an irgend eine Arbeit, die sie nun anfangen sollten. Eben so geschäfftig zeigte sich der Geist auch im Stalle: er wartete der Pferde, striegelte sie fleißig, daß sie glatt anzusehen waren wie ein Aal, auch nahmen sie sichtbarlich zu, wie in keiner Zeit, also daß sich jedermann darüber verwunderte.

Seine Kammer war im obersten Stockwerk zur rechten Seite und sein Hausgeräthe bestand aus drei Stücken. Erstlich aus einem Sessel oder Lehnstuhl, den er selbst von Stroh in allerhand Farben gar kunstreich geflochten, voll zierlicher Figuren und Kreuze, die nicht ohne Verwunderung anzusehen waren. Zweitens aus einem kleinen runden Tisch, der auf sein vielfältiges Bitten verfertigt und dahin gesetzt war. Drittens aus einer zubereiteten Bettstatt, die er gleichfalls verlangt hatte. Man hat nie ein Merkmal gefunden, daß ein Mensch darin geruht, nur fand man ein kleines Grüblein, als ob eine Katze da gelegen. Auch mußte ihm das Gesinde, besonders die Köchin, täglich eine Schüssel voll süßer Milch mit Brocken von Weißbrot

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 107. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_143.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)