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183.
Die Teufelsmühle.
Otmar S. 189–194.
Quedlinburger Sammlung.

Auf dem Gipfel des Rammberges liegen theils zerstreute, theils geschichtete Granitblöcke, welche man des Teufels Mühle heißt. Ein Müller hatte sich am Abhang des Bergs eine Windmühle erbaut, der es aber zuweilen an Wind fehlte. Da wünschte er sich oft eine, die oben auf dem Berggipfel stünde und beständig im Gang bliebe. Menschenhänden war sie aber unmöglich zu erbauen. Weil der Müller keine Ruh darüber hatte, erschien ihm der Teufel und sie dingten lange mit einander. Endlich verschrieb ihm der Müller seine Seele gegen dreißig Jahre langes Leben und eine tadelfreie Mühle von sechs Gängen, auf dem Gipfel des Rammbergs, die aber in der nächstfolgenden Nacht vor Hahnenschrei fir und fertig gebaut seyn müßte. Der Teufel hielt sein Wort und hohlte nach Mitternacht den Müller ab, daß er die fertige Mühle besichtigen und übernehmen wolle. Der Müller fand alles in vollkommner Ordnung und war zitternd bereit, sie zu übernehmen, als er eben noch entdeckte, daß einer von den unentbehrlichen Steinen fehlte. Der Teufel gestand den Mangel und wollte ihn augenblicklich ersetzen. Und schon schwebte er durch die Lüfte mit dem Stein, da krähte der Hahn auf der untern Mühle. Wüthend faßte der böse Feind das Gebäude, riß Flügel, Räder und Wellen herab und streute

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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 265. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_301.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)