Seite:Deutsche Sagen (Grimm) V1 330.jpg

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Darauf wäre er weggelaufen zu einer nahen Wiese, wo gerade ein jung Füllen gegraset, das hätte er angefallen und gefressen mit Haut und Haar. Hernach wäre er zurückgekommen, hätte den Gürtel wieder umgethan und nun, wie vor, in menschlicher Gestalt dagelegen. Nach einer kleinen Weile, als sie alle zusammen aufgestanden, wären sie heim nach der Stadt gegangen und wie sie eben am Schlagbaum gewesen, hätte jener Dritte über Magenweh geklagt. Da hätte ihm der Großvater heimlich ins Ohr geraunt: „das will ich wohl glauben, wenn man ein Pferd mit Haut und Haar in den Leib gegessen hat;“ – jener aber geantwortet: „hättest du mir das im Wald gesagt, so solltest du es jetzo nicht mehr sagen.“

Ein Weib hatte die Gestalt eines Wärwolfs angenommen und war also einem Schäfer, den sie gehaßt, in die Heerde gefallen und hatte ihm großen Schaden gethan. Der Schäfer aber verwundete den Wolf durch einen Beil-Wurf in die Hüfte, so daß er in ein Gebüsch kroch. Da ging der Schäfer ihm nach und gedachte ihn ganz zu überwältigen, aber er fand ein Weib, beschäfftigt, mit einem abgerissenen Stück ihres Kleides das aus der Wunde strömende Blut zu stillen.

Zu Lüttich wurden im Jahr 1610 zwei Zauberer hingerichtet, weil sie sich in Wärwölfe verwandelt und viel Kinder getödtet. Sie hatten einen Knaben bei sich von zwölf Jahren, welchen der Teufel zum Raben machte, wenn sie Raub zerrissen und gefressen.


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Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 294. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_330.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)