oft einer aus den Brüdern sterben sollte, er drei Tage
zuvor, ehe er verschieden, eine Vorwarnung bekommen,
vermittelst einer Lilie an einem ehrenen Kranze,
der im Chor hing. Denn dieselbe Lilie kam allzeit
wunderbarlich herab und erschien in dem Stuhl desjenigen
Bruders, dessen Lebens-Ende vorhanden war;
also daß dieser dabei unfehlbar merkte und versichert
war, er würde in dreien Tagen von der Welt scheiden.
Dieses Wunder soll etliche hundert Jahre gewährt
haben, bis ein junger Ordensbruder, als er
auf diese Weise seiner herannahenden Sterbestunde ermahnt
worden, solche Erinnerung verachtet und die
Lilie in eines alten Geistlichen Stuhl versetzt hat: der
Meinung, es würde das Sterben dem Alten besser
anstehen, als dem Jungen. Wie der gute alte Bruder
die Lilie erblickt, ist er darüber, als über einen Geruch
des Todes, so hart erschrocken, daß er in eine Krankheit,
doch gleichwohl nicht ins Grab gefallen, sondern
bald wieder gesund, dagegen der junge Warnungs-Verachter
am dritten Tag durch einen jählingen Tod dahin
gerissen worden.
Rebundus im Dom zu Lübeck.
Ph. H. Friedlieb medulla theologica |
Wenn in alten Zeiten ein Domherr zu Lübeck bald sterben sollte, so fand sich Morgens unter seinem
Brüder Grimm: Deutsche Sagen, Band 1. Nicolai, Berlin 1816, Seite 352. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsche_Sagen_(Grimm)_V1_388.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)