Seite:Deutscher Dichterwald 137.jpg

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Das Zaubermädchen und der schlafende Jüngling.

Das Zaubermädchen.
Er schläft, den einst die zauberkund’ge Hand
In Netzeskreisen mannigfalt gebunden!
Den ich genossen, hab’ ich schnell verbannt,
Da schönre Glorie sich in Andern funden;

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Doch, regt mir Traumes Hauch zu lichtem Band

Aus alter Asche die verglühten Stunden,
Muß ihn, der Macht gebietend wider Willen,
Mein Zauber rufen, mir das Herz zu stillen.

Der Jüngling.
Du hier? Du mein? mich wirrt’ ein trüber Glauben
Vom fernen Lieb! Ich konnt’ es gleich nicht fassen.
Nun ja umschließ’ ich dich! Kein Wahn kann rauben,
Die meine Arme nimmer von sich lassen!

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Ewig sind wir verzweigt, wie süße Lauben,

So halte fest! So woll’n wir beid’ erblassen!
Was nebelt wieder mir?

Das Zaubermädchen.
Leb wohl! ich gehe.

Der Jüngling.
Ist Morgen Das? Die Nacht dahin? o wehe!

 J. G. S.

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_137.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)