Seite:Deutscher Dichterwald 175.jpg

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„Um Marien und aller Frauen Ehr’, o rächet meine Schmach!
Ich bin verklaget also hart, daß ich die Ehe brach.“

15
Es war der Graf von der Rothenfahn, er frug nicht nach der Schuld:

„Gern kämpf’ ich um aller Frauen Ehr, zu erwerben Mariens Huld.“

Da trat der König in den Saal, das Haupt geneigt und stumm,
In schwarzen Mänteln stellten sich die Ritter still herum.

Da trat der Kläger in den Kreis, den Handschuh warf er mit Schall,

20
Die Schuld der Königinn schien zu klar; drum standen still sie all.


Aus tiefer Brust der König seufzt’, der Fremde zog sein Schwerdt,
Zu Marien und aller Frauen Ehr’ schlug er den Kläger zur Erd’.

Ein froher Schall erhub sich drauf, erscholl zum blauen Meer,
Die Vögel flogen von der Lind’ und sangen rings die Mähr’.

25
„Mein Vater beut Euch Kron’ und Land“ – so sprach die Königinn,

„Und würde die ganze Erde mein, deß hätt’ ich keinen Gewinn.“

Empfohlene Zitierweise:
Verschiedene: Deutscher Dichterwald. Von Justinus Kerner, Friedrich Baron de La Motte Fouqué, Ludwig Uhland und Andern.. J. F. Heerbrandt’sche Buchhandlung, Tübingen 1813, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutscher_Dichterwald_175.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)