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VII. Bevor zu der Darstellung der glänzenden Entwickelung übergegangen wird, welche die Materie des internationalen Privatrechts in Deutschland in den letzten 25 Jahren mittelst der völligen Umgestaltung der Gesetzgebung, sowie mittelst jener Reihe ruhmvoller Staatsverträge genommen hat, welche das Deutsche Reich von 1890 bis 1912 abgeschlossen hat, muß hier zunächst noch der Arbeit gedacht werden, welche in demselben Zeitraum in Gestalt literarischer Unternehmungen und in wissenschaftlichen Gesellschaften und Kongressen in und von Deutschland geleistet worden ist.

Literarische Unternehmungen. Weltbibliothek des Rechts.

Dabei ist in erster Linie eine Reihe bedeutender Arbeiten zu verzeichnen, welche durch Übermittelung der Kenntnis ausländischen Rechtes nicht nur wissenschaftliche Grundlagen gegeben, sondern auch durch Gewährung sicheren Überblicks über das im Auslande geltende Recht den Rechts- und Handelsverkehr Deutschlands mit den übrigen Ländern des Erdballs praktisch gestützt und gefördert haben. Um nur das Allerwichtigste zu nennen: Eine Sammlung der zahlreichen Handelsgesetzbücher des Erdballs mit deutscher Übersetzung (Begründer Borchardt), eine systematische Darstellung des Staatsrechts jedes einzelnen ausländischen Staates (Jellinek, v. Laband, Piloty), eine Zusammenstellung aller ausländischen Verfassungsordnungen (Posener), eine Sammlung der Patentgesetze der Erde (Kohler), eine vergleichende Darstellung des Strafrechtes aller Länder (v. Liszt u. a.), ein Handbuch der Rechtsverfolgung im internationalen Verkehr (Leske, Loewenfeld) sind in dieser Zeit von deutschen Gelehrten und von deutschen Verlegern unternommen und durchgeführt. Diese Publikationen bilden eine Weltbibliothek des Rechtes, an deren Möglichkeit in Deutschland vor 25 Jahren noch gar nicht zu denken war. Zwei neugegründete Jahrbücher (eines von der Berliner Internationalen Vereinigung, unter F. Meyer, das andere von Rechtsanwalt Wertheim veranstaltet), sind dem modernen internationalen Rechtsstoff auf dem Gebiete des Privat- und öffentlichen Rechtes gewidmet, während die – ältere – Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft (Bernhöft, Kohler) sich vorzugsweise mit der rechts- und sittengeschichtlichen Erforschung älterer Perioden und unentwickelter Kulturstufen befaßt. Während derartige Unternehmungen früher als Vorrecht der französischen und englischen Sprach- und Kulturgebiete galten, ist nunmehr Deutschlands Platz an der Sonne auch auf diesem Gebiete gesichert.

Gesellschaften.

Von Bedeutung für die internationalprivatrechtliche Entwickelung sind endlich verschiedene in unserer Zeit in Deutschland gegründete Gesellschaften, als deren wichtigste hier nur genannt seien: Die deutsche Landesgruppe der Internationalen kriminalistischen Vereinigung (1889 gegründet), die Internationale Vereinigung für vergleichende Rechtswissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Berlin (1894), der Deutsche Seerechtsverein, Landesgruppe des „Comité Maritime International“ (1898), die Deutsche Vereinigung für internationales Recht, Landesgruppe der „International Law Association“ (1912).

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 1. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 353. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_1.pdf/369&oldid=- (Version vom 4.8.2020)