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Wege etwas Brauchbares geleistet werden könne und es ist tief bedauerlich, daß selbst hervorragende Staatsmänner, wie Miquel, lange Zeit geglaubt haben, die Arbeit dieser Privat-Güterschlächter unterstützen zu sollen. Namentlich in der Geschichte der Provinz Pommern ist ein es sehr trauriges Kapitel auf diesem Gebiet, welches sich an die Namen Lement und Heinrichsdorf knüpft; zwei Unternehmer, welche in einem der schönsten Teile Pommerns auf dem Gebiet der Parzellierung Trauriges geschaffen haben, indem sie vielfach lebensunfähige Kolonien schufen. Es ist später der Kgl. Generalkommission überlassen gewesen, einen großen Teil der Schäden wieder gutzumachen.

Ansiedlungsgesetz.

Der erste Anstoß, auf dem Gebiet der inneren Kolonisation seitens des Staates in großem Maße vorzugehen, wurde uns aufgezwungen durch den Nationalitätenkampf in den Ostprovinzen. Der Kampf konnte vermieden werden, wenn die Bevölkerung in diesen Provinzen, welche nicht deutschen Stammes ist, durch die Tat bewiesen hätte, daß sie treue preußische Untertanen sein wollten. Durch eine gewissenlose antideutsche Agitation ist uns der Kampf aufgezwungen worden und so mußte er geführt werden. Im Jahre 1886 wurde das Ansiedlungsgesetz erlassen und die Ansiedlungskommission gebildet. Wie bei jedem derartigen Unternehmen haben die Arbeiten dieser Kommission zunächst durchaus nicht auf allen Gebieten befriedigt. Der Hauptfehler liegt nach meiner Auffassung darin, daß diese Gesetzgebung nur eine halbe war, mit der man nicht das erreichen konnte, was erreicht werden mußte. Wenn uns ein derartiger nationaler Kampf aufgezwungen wird, dann muß er auch mit allen Mitteln machtvoll durchgeführt werden; wir können aber keinen Erfolg haben, wenn wir auf der einen Stelle das antinationale Polentum auskaufen und ihm dadurch gleichzeitig die Mittel geben, sich nachher an einer anderen Stelle wieder anzusiedeln. Wenn man zu einem wirklichen Erfolge gelangen will, so kann hier nur durch eine noch viel weiter gehende, schärfere Gesetzgebung etwas erreicht werden. Es kommt hinzu, daß die zunächst reichlich bureaukratisch gestalteten Verhältnisse der Ansiedlungskommission jede freie Bewegung ihres Leiters hinderten. Eine Behörde, in welcher so viele Instanzen mitzusprechen hatten und bei welcher der Präsident selbst eigentlich am allerwenigsten zu sagen hatte, war kaum imstande, wirklich etwas Nützliches zu schaffen.

Bis zum Jahre 1911 hatte die Ansiedlungskommission rund 40 000 ha, davon 2/3 aus deutschem und ⅓ aus polnischem Besitz, erworben, immer eine ganz respektabele Fläche. Es soll auch anerkannt werden, daß jetzt die Verhältnisse in der Ansiedlungskommission nach den neueren Bestimmungen wesentlich gebessert sind und sich auch demgemäß ihre Erfolge gehoben haben.

Rentengutsgesetz.

In den Jahren 1890 und 1891 folgten dann die Rentengutsgesetze, und es tritt nunmehr in die Reihe der zu Besiedlungszwecken tätigen Instanzen die Generalkommission ein. Auch hier ist zunächst manches gesündigt worden und es ist leider darauf hinzuweisen, daß eine Generalkommission lange Zeit planmäßig polnische Ansiedler angesetzt hat, bis diesem Unfug ein

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 486. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/49&oldid=- (Version vom 20.8.2021)