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werden, als er gewesen ist. Ihren maßgebenden Einfluß aber auf das gesamte Werk der weiblichen Erziehung von andern Seiten her wieder zu stärken bleibt eine Aufgabe der Zukunft.

Äußere Blüte der höheren Knabenschulen.

V. Hat die Entwicklung der höheren Knabenschulen das gehalten, was man nach der befreienden Tat, mit der das pädagogische Jahrhundert begann, erwarten durfte? – Die weitere Verschiebung zugunsten der realistischen Anstalten läßt jedenfalls erkennen, wie es mehr und mehr Brauch wird, für die einzelnen wie für ganze Gemeinden die Schulart nicht nach gesellschaftlichem Vorurteil, sondern nach praktischen Bedürfnissen zu wählen. Die Realgymnasien speziell haben sich von dem Verluste, den die Schulkonferenz von 1890 verursacht hatte, kräftig erholt. Unter ihnen überwiegt heute fast schon der Typus mit französischem Anfangsunterricht, während dieselbe Anlage im Gebiete des Gymnasiums nicht rechten Boden zu gewinnen vermocht hat. An mehreren Stellen sind Versuche in dieser Richtung nach Verlauf einiger Jahre wieder aufgegeben worden; zurzeit gibt es Reformgymnasien in Preußen 25. Der Gedanke, auf lateinloser Grundlage das gesamte höhere Schulwesen aufzubauen – und mit ihm die Gefahr der Zerstörung des Gymnasiums – ist, für Preußen wenigstens, ferner gerückt.

Die allgemeinen Verhältnisse im Bereiche der preußischen Monarchie mag eine Übersicht, nach amtlichen Feststellungen, deutlich machen.

1890       1900       1912       1913
Gymnasien 268 295 342 345
Realgymnasien 87 76 168 180
Oberrealschulen 9 37 102 105
Progymnasien 46 59 30 28
Realprogymnasien 86 21 44 43
Realschulen 20 138 177 180
Zusammen: 516 626 863 881
Gesamtschülerzahl 139801 164885 236173 239471

Gewaltig ist die Vermehrung im ganzen, ein Ausdruck zunehmenden Bildungsdranges und wachsenden Wohlstandes. Zu gleicher Zeit haben die deutschen Schulen im Ausland einen erfreulichen Aufschwung genommen. Bis zum Jahre 1901 stand nur die von Konstantinopel in festen amtlichen Beziehungen zur Heimat; seitdem sind elf weitere, die entferntesten in Tsingtau und Buenos Aires, hinzugekommen, die zum Aufsichtsbereich der Reichsschulkommission gehören und auf Grund einer Schlußprüfung das Zeugnis für den einjährigen Militärdienst erteilen können. Auf der Weltausstellung in Brüssel (1910) hat deutsches Schulwesen hohen Ruhm geerntet. Und auch daheim fehlt es nicht an Gelegenheit, daß jeder sich selbst überzeuge, was unsre Jugend leistet: Schülerkonzerte, Turnfeste, Schaustellung von Schülerzeichnungen sind überall beliebt geworden.

Empfohlene Zitierweise:
Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1097. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/660&oldid=- (Version vom 31.7.2018)