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In der Wasserhaltung sind die schwerfälligen, langsamen Gestängedrucksätze nebst ihren riesigen obertägigen Balancierdampfmaschinen fast vollständig außer Anwendung gekommen und durch schneller laufende unterirdische Wasserhaltungsmaschinen ersetzt worden, die man anfangs durch Dampf antrieb. Bei größeren Teufen, von etwa 600 m an, ist aber eine Hebung des Grubenwassers durch Dampfmaschinen nicht mehr möglich, deshalb bürgert sich auch hier der elektrische Antrieb immer mehr ein, und zwar sowohl für die langsam laufenden Kolbenpumpen als auch für die schnell laufenden Schleuderpumpen, die jetzt mehrstufig gebaut, bei gutem Wirkungsgrade Steighöhen von mehreren 100 m anstandslos überwinden. Da der Dampfbetrieb zudem eine erhebliche Erhitzung der Schächte mit sich bringt und für seine Leitungen einen nicht unbedeutenden Raum des Schachtquerschnittes verlangt, und da die Leitungen ferner schwer dicht zu halten sind und bedeutende Kondensationsverluste verursachen, so wird in kurzem der elektrische Strom auch hier den Dampf vollständig verdrängt haben, wozu er bereits auf dem besten Wege ist.

Als besonders wichtig sind noch diejenigen Fortschritte aufzuführen, die in sicherheitstechnischer Hinsicht gemacht worden sind, und die dazu dienen, das Leben und die Gesundheit der Arbeiter gegen die mannigfaltigen Gefahren der Teufe zu schützen und dadurch zugleich einen ungestörten Betrieb zu gewährleisten. Neben dem Stein- und Kohlenfall, der durch den planmäßigen Ausbau und durch verbesserte Beleuchtung (elektrische und Azetylenlampen) mit Erfolg bekämpft wird, sind es besonders die Schlagwetter- und Kohlenstaubexplosionen, denen man die größte Aufmerksamkeit schenkt, und zu deren Verhütung man eine große Menge von Sicherheitsmaßnahmen getroffen hat. Diese erstrecken sich in erster Linie darauf, jede Explosion nach Möglichkeit überhaupt zu verhindern. Gegen die Schlagwetter erweist sich eine reichliche und geregelte Wetterzuführung als das beste Mittel. Durch die Aufstellung 1000pferdiger Ventilatoren und durch eine zuverlässige Wetterführung unter Tage, zu deren Durchführung der Berge- und Spülversatz sehr viel beiträgt, werden die schädlichen Grubengase so stark verdünnt, daß sie die Fähigkeit zu explodieren einbüßen. Doch läßt sich diese nötige Verdünnung selbst durch eine weitausgedehnte Sonderbewetterung nicht überall durchführen, weshalb man zu anderen Sicherheitsmaßnahmen greifen muß. Die Schießarbeit, durch die häufig eine Entzündung der Schlagwetter stattfindet, wird durch Bergpolizeiverordnung stark eingeschränkt und durch Ausdehnung der maschinellen Schräm- und Treibarbeit nach Möglichkeit ersetzt. Dort, wo sie unentbehrlich ist, wendet man elektrische Zündung und Sicherheitssprengstoffe an, die von der chemischen Industrie in den letzten Jahren in unendlich vielen Sorten für den Bergbau hergestellt werden, und die bei sachgemäßer Anwendung keine Entzündung von Schlagwettern oder Kohlenstaub hervorrufen. Zur Unschädlichmachung des Kohlenstaubes dient in erster Linie seine Befeuchtung, weshalb in den letzten 10 Jahren sämtliche gefährdeten Gruben planmäßig berieselt werden, zu welchem Zwecke diese mit einem viele Kilometer langen unterirdischen Netze von Druckwasserleitungen durchzogen sind, die es ermöglichen, den Kohlenstaub im Abbau und in den Förder- und Wetterstrecken schnell unschädlich zu machen.

Die Versuche von Meißner, durch Tränken des Kohlenstoßes mit Druckwasser eine

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 2. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 518. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_2.pdf/81&oldid=- (Version vom 20.8.2021)