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gedenken, welcher sich die Protozoologie innerhalb der genannten Zeitraums zu erfreuen hatte.

Zoologische Expeditionen.

Ebenfalls nur durch den großartigen Aufschwung aller Verhältnisse und den sich daraus ergebenden günstigen Stand der Finanzen wurden die vielerlei zoologischen Expeditionen ermöglicht, welche in den letzten Jahrzehnten von einzelnen Zoologen oder Gruppen von Gelehrten mit oder ohne Unterstützung der Regierungen unternommen wurden. Auf sie alle und auf die verschiedenartigen Forschungen einzugehen, welche die Zoologie durch sie erfuhr, kann hier nicht unsere Aufgabe sein, doch dürfen immerhin einige dieser mit größeren Mitteln ausgeführten, weit ausgedehnten Expeditionen nicht unerwähnt bleiben, da sie in besonders augenfälliger Weise den in der modernen Zoologie herrschenden Unternehmungsgeist erkennen lassen. Genannt sei die von Kieler Gelehrten, besonders von V. Hensen angeregte und geleitete Plankton-Expedition (1889), welche sich zum Studium der an der Meeresoberfläche verbreiteten Organismen quer über den Atlantischen Ozean erstreckte und deren reiche Ausbeute seither in einer Reihe stattlicher Bände niedergelegt wurde. Solche auch in praktischer Hinsicht, besonders für die Verbreitung der Fische und den Fischfang wichtige Expeditionen sind seitdem wiederholt ausgeführt worden und werden von der Helgoländer Station, wie von der Kieler Kommission für die Meeresuntersuchung regelmäßig in gewissen Zwischenräumen wiederholt. Diesen deutschen Unternehmungen gehen diejenigen anderer Länder parallel, welches internationale Zusammenwirken sich für die Behandlung dieser Probleme als ungemein förderlich erwiesen hat.

Einschaltend sei hier bemerkt, daß ähnliche erfolgreiche Bestrebungen auch bezüglich der Verbreitung der Süßwassertiere schon vor Jahren eingesetzt haben und in wissenschaftlicher wie praktischer Hinsicht mit zu den Hauptaufgaben der schon früher erwähnten biologischen Stationen des Binnenlandes gehören.

Als eine nach Plan, Ausführung und Ergebnis glänzende wissenschaftliche Expedition ist die in den Jahren 1898/99 von deutschen Forschern unter Leitung von Carl Chun (Leipzig) unternommene Deutsche Tiefsee-Expedition (Valdivia) zu bezeichnen. Sie ging zunächst in den Nordatlantischen Ozean, von da nach den Canaren und an die Westafrikanische Küste, durch den Südatlantischen Ozean nach Kapstadt, von hier zu den Bouvet-Inseln, ins Antarktische Meer, nach den Kerguelen, in den Südindischen Ozean, Sumatra, über die Nikobaren, Malediven und Seychellen nach Ostafrika, von da durch das Rote und Mittelländische Meer heimwärts. Eine reiche Fülle neuer Tierformen wurde auf diesem Wege zutage gefördert und durch ausgezeichnete Konservierung der wissenschaftlichen Untersuchung zugänglich gemacht. Das an eine große Zahl bewährter Zoologen verteilte Material fand schon verhältnismäßig rasch seine Bearbeitung und zahlreiche bis jetzt erschienene, prachtvoll ausgestattete Bände des Tiefseewerks bezeugen die rastlose und erfolgreiche Arbeit der Expeditionsteilnehmer wie diejenige der Bearbeiter. Einzelheiten können hier nicht besprochen werden, doch sind die durch das Leben in der Tiefe stark beeinflußten, höchst abenteuerlich erscheinenden Formen der Tiefseefische und

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Diverse: Deutschland unter Kaiser Wilhelm II. – Band 3. Verlag von Reimar Hobbing, Berlin 1914, Seite 1335. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutschland_unter_Kaiser_Wilhelm_II_Band_3.pdf/206&oldid=- (Version vom 20.8.2021)