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Deinen Eidam wohlgekannt, an seinem
Hof als Gastfreund manchen Tag verlebte.

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Höre nun, Kalif, die lautere Wahrheit,

Wem du deine Tochter gabst, vernimm es!
Manches Kleinod hinterließ Abdalla,
Sein Erzeuger, ihm in der Todesstunde:
Sohn Alasnam, sprach der Greis, ich gebe

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Dir die Schlüssel meines Schatzes, nutz’ ihn

Dir zum Trost und Andern; doch bezähme
Deines flüchtigen Sinns Verschwenderlaune!
Aber sollte dir ein böser Zufall
Mangel je bereiten, höre, wie du

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Dich befrei’n kannst aus dem Netz des Uebels!

Wo der siebenarmige Nil sich mündet,
Tritt ein Eiland aus dem Schooß der Welle,
Das dem Volke heißt die Geisterinsel.
Dort, in einer Höhle haust ein Derwisch,

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Hundertjährig, ausgeschmückt mit jeder

Wissenschaft, in jeder Kunst erfahren,
Den ich ehmals meinen Lehrer nannte.
Diesen suche, diesem Greis vertraue
Deine Not an und erwarte Hülfe.

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Also sprach und dann verschied Abdalla;

Doch Alasnam, der sich unbeschränkter
Herrscher sah, ließ seiner Leidenschaften
Zügel schießen, jedem Pomp und Aufwand
Zugethan. Palläste ließ er thürmen,

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Brücken schlagen und Moscheen vergolden;

Wo er ging, umgab ein namenloses
Heer von Dienern ihn, Eunuchen ritten
Auf arabischen Rossen, schöne Weiber
Zogen hinter ihm in Purpursänften.

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Wie ein Sämann Körner streut, verstreute

Seine Hand den Dürftigen Gold und Silber.

Empfohlene Zitierweise:
August Graf von Platen: Die Abbassiden. J. G. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1847, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Abassiden_(Platen).pdf/52&oldid=- (Version vom 31.7.2018)