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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg

dann beliebe. Wie die Unseren solches vernahmen, glaubten sie 1002 den schönklingenden Worten[1], und tauschten, schimpflich zu ihm wie zu ihrem Herrn und Gebieter hinziehend, für die angeborne Ehre Unterwürfigkeit und unrechtmäßige Knechtschaft ein. Wie wenig sind doch unsere Zeitgenossen mit unseren Vorfahren zu vergleichen! Als noch der treffliche Markgraf Hodo lebte, wagte es dieses Bolizlavs Vater Miseco nie das Haus, in dem er ihn anwesend wußte, mit dem Pelze angethan zu betreten, noch auch sitzen zu bleiben sobald er sich erhob. Gott vergebe es dem Kaiser, daß er einen Zinspflichtigen zum Herrn machte und ihn so hoch erhob, daß er, seines Vaters Verhalten vergessend, beständig darnach zu trachten wagte, wie er die ihm Vorgesetzten allmählich zu Unterthanen herunterziehen und sie mit der feilen Lockung vergänglichen Geldes berücken und so zur Knechtschaft und zum Verluste ihrer Freiheit bringen möchte.


7. Der andere Bolizlav aber, der Böhmenfürst, mit dem Beinamen des Rothen, ein Mensch von unermeßlicher Gottlosigkeit, war, indem er seinen alten bösen Sinn ein wenig zähmte, dem Herzoge Heinrich geneigt. Dieser kam am Anfange des Monats Juni mit den Fürsten der Baiern und Ostfranken nach Worms, um dort über den Rhein zu setzen und zu Mainz seine Einsegnung zu empfangen. Daran suchte sie Herzog Heriman [von Alemannien] zu hindern, indem er, vom anschwellenden Rheine begünstigt, ihnen keinen Zugang zu seinem Lande offen ließ. Heinrich hielt nun mit den Seinen Rath, und indem er sich stellte, als wolle er nach Baiern zurückkehren und als verzweifele er daran, über den Rhein zu kommen, zog er nach der Burg Larsem[2], wo die Gebeine des heiligen Nazarius sich befinden. Von da aber eilte er schnell nach Mainz und fuhr ungefährdet über den Rhein. Hier ward er am

  1. Im lateinischen Text steht hier der dem Terenz im Phormio III, 5, 15 entnommene Ausdruck phaleratus, mit Stirn und Brustschmuck versehen, in übertragener Bedeutung: schön, schönklingend.
  2. Lorsch, als Abtei 764 gestiftet, lag gegenüber Worms, auf der rechten Seite des Rheins.
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Thietmar von Merseburg: Die Chronik des Thietmar von Merseburg. Verlag von Franz Duncker, Leipzig 1879, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Chronik_des_Thietmar_von_Merseburg.pdf/177&oldid=- (Version vom 28.9.2023)