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Anonym: Edda

7
„Zum Andern sing ich dir,   da du irren sollst

Auf weiten Wegen wonnelos:
Der Urd Riegel   sollen dich allseits wahren,
Wo du Schändliches siehst.

8
„Zum Dritten sing ich dieß,   wenn wo verderblich

Flutende Flüße brausen,
Der reißende, rauschende   rinne dem Abgrund zu,
Vor dir versand er und schwinde.

9
„Dieß sing ich zum Vierten,   so Feinde dir dräuend

Am Galgenweg begegnen,
Ihnen mangle der Muth,   die Macht sei bei dir
Bis sie zum Frieden sich fügen.

10
„Dieß sing ich zum Fünften,   so Feßeln sich dir

Um die Gelenke legen,
Lösende Glut gießt dir   mein Lied um die Glieder,
Der Haft springt von der Hand,
Von den Füßen die Feßel.

11
„Dieß sing ich zum Sechsten,   stürmt die See

Wilder als Menschen wißen,
Sturm und Flut   faß in den Schlauch,
Daß sie frohe Fahrt gewähren.

12
„Dieß sing ich zum Siebenten,   wenn dich schaurig umweht

Der Frost auf Felsenhöhen,
Kein Glied verletze dir   der grimme Hauch,
Noch soll er die Sehnen dir straff ziehn.

13
„Dieß sing ich zum Achten,   überfällt dich

Die Nacht auf neblichem Wege,
Nichts desto minder   mag dir nicht schaden
Ein getauftes todtes Weib.

14
„Zum Neunten sing ich dir,   wird dir Noth mit dem Joten,

Dem schwertgeschmückten, zu reden,
Wortes und Witzes   sei im bewusten Herzen
Fülle dir und Überfluß.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 101. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/109&oldid=- (Version vom 31.7.2018)