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Seite:Die Edda (1876).djvu/202

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Anonym: Edda

Gunnar.
15
Mir ist Brynhild,   Budlis Tochter,

Lieber als alle,   die edelste Frau.
Das Leben lieber   will ich laßen
Als der Schönen entsagen   und ihren Schätzen.

16
Hilfst du uns, Högni,   den Helden berauben?

Gut ist des Rheines   Gold zu besitzen,
In Freude zu walten   des vielen Gutes
Und ganz in Ruhe   des Glücks zu genießen. —

17
Aber Högni   gab ihm zur Antwort:

„Das zu vollbringen   gebührt uns nicht:
Mit dem Schwert zu brechen   geschworne Eide,
Geschworne Eide,   besiegelte Treu!

18
„Wir wißen auf der Welt   nicht so Glückliche wohnen

So lange wir Viere   das Volk beherschen
Und hier der hunische   Heerführer lebt,
Noch irgend auf Erden   so edle Sippe.
Wenn ferner wir fünf   noch Fürsten zeugten,
Wir stürzten die Götter   von den Herscherstühlen.

19
„Ich weiß von wannen   die Wege laufen:

Brynhild quält dich:   du kannst sie nicht stillen.“


Gunnar.
20
Wir wollen den Guthorm   gewinnen zum Morde,

Den jüngern Bruder,   der bar ist des Witzes:
Er hat nicht Antheil   an Eiden und Schwüren,
Eiden und Schwüren,   besiegelter Treu. —

21
Leicht aufzureizen   war der Übermüthige:

Da stand dem Sigurd   der Stahl im Herzen.

22
Rasch hob sich der Recke   zur Rache im Saal

Und warf den Geer   nach dem Mordgierigen:
Nach Guthorm flog,   dem Fürsten, kräftig
Das glänzende Eisen   aus des Edlings Hand.

23
Entzweigespaltet   sank sein Feind:

Haupt und Hände   hinflogen weit,
Der Füße Theil fiel   flach auf den Boden.

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 194. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/202&oldid=- (Version vom 31.7.2018)