Anonym: Edda | |
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Die wilden scheuten, doch weinten sie nicht:
„Auf der Mutter Schooß hier was sollen wir beide?“
Mich lüstete längst euch das Leben zu nehmen.“
Doch lange währt der Zorn nicht läßest du ihn aus
An der muntern Kindheit.“ Die kampfgeübte Frau
Vollbracht es alsbald, lös’te beiden den Hals.
Die Söhne seien? er sehe sie nicht.
Die That verhehlt dir nicht die Tochter Grimhilds.
Nicht freut es dich freilich, wenn du alles erfährst;
Auch mir schufst du scharfe Pein: du erschlugst mir die Brüder.
Ich dräute dir heftig; gedenkst du daran?
Morgen ists, sprachst du: mir gedenkt es wohl;
Nun kam der Abend, da künd ich dir Gleiches.
Als Becherschalen stehn ihre Schädel hier;
Im Becher bracht ich dir ihr Blut, das rothe.
Ich gab sie dir zu kosten für Kälberherzen:
Du aßest sie allein und ließest nichts übrig,
Hast gierig gegeßen mit guten Malmzähnen.
Mein Looß erfüllt ich und lache nicht drob.
Der Gebornen Blut mir in den Becher mischtest,
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/244&oldid=- (Version vom 31.7.2018)