Anonym: Edda | |
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Da fuhr Regin zu Hialprek, König in Thiodi, und ward dessen Schmied; auch übernahm er die Pflege Sigurds, des Sohnes Sigmunds, des Sohnes Wölsungs. Seine Mutter war Hjordis, König Eilimis Tochter. Sigurd war der gewaltigste aller Heerkönige nach Geschlecht, Kraft und Sinn. Regin sagte ihm davon, daß Fafnir dort auf dem Golde läge, und reizte ihn, sich des Goldes zu bemächtigen. Da machte Regin ein Schwert, das Gram hieß, und so scharf war, daß als es Sigurd in fließendes Waßer hielt, es eine Wollflocke zerschnitt, die der Strom gegen seine Schärfe trieb; demnächst klobte Sigurd mit dem Schwerte Regins Amboß bis auf den Untersatz entzwei. Darauf fuhr Sigurd mit Regin zur Gnitahaide. Da grub Sigurd eine Grube auf Fafnirs Wege und setzte sich hinein. Als nun Fafnir zum Waßer kroch und über die Grube kam, da durchbohrte ihn Sigurd mit dem Schwerte und war das sein Tod. Da ging Regin hinzu und sagte, er hätte seinen Bruder getödtet, und verlangte das zur Sühne, daß er Fafnirs Herz nähme und am Feuer briete. Dann kniete Regin nieder, trank Fafnirs Blut und legte sich schlafen. Als aber Sigurd das Herz briet und dachte es wäre gar, und mit dem Finger versuchte, ob es weich genug wäre, und das Fett aus dem Herzen ihm an den Finger kam, verbrannte er sich, und steckte den Finger in den Mund. Und als das Herzblut ihm auf die Zunge kam, verstand er die Sprache der Vögel und wuste was die Adlerinnen sagten, die auf den Bäumen saßen. Da sprach Eine:
Dort sitzt Sigurd blutbespritzt
Und brät am Feuer Fafnirs Herz.
Klug däuchte mich der Ringverderber,
Wenn er das leuchtende Lebensfleisch äße.
Eine andere sagte:
Da liegt nun Regin und geht zu Rath
Wie er triege den Mann, der ihm vertraut;
Sinnt in der Bosheit auf falsche Beschuldigung:
Der Unheilschmied brütet dem Bruder Rache.
Da ging Sigurd zu Regin und erschlug ihn, und dann zu seinem Rosse, das Grani hieß, und ritt bis er zu Fafnirs Bette kam, nahm das Gold heraus und band es in zwei Bündeln auf Granis Rücken, stieg dann selber auf und ritt seines Weges. Darum heißt das Gold Fafnirs Bette oder Lager, oder Gnitahaides Staub und Granis Bürde. Da ritt Sigurd bis er ein Haus fand auf einem Berge. Darin schlief ein Weib mit Helm
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 309. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/317&oldid=- (Version vom 18.8.2016)