Anonym: Edda | |
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und Brünne bekleidet. Er zog das Schwert und schnitt die Brünne von ihr: da erwachte sie und nannte sich Hilde. Sie hieß Brynhild und war Walküre. Sigurd ritt hinweg und kam zu dem Könige, der Giuki hieß; sein Weib war Grimhild genannt. Seine Kinder waren Gunnar, Högni, Gudrun und Gudny. Gutthorm war Giukis Stiefsohn. Sigurd weilte da lange Zeit. Da freite er Gudrun, Giukis Tochter; und Gunnar und Högni schwuren Brüderschaft mit Sigurd. Darauf fuhr Sigurd mit Giukis Söhnen zu Atli, dem Sohne Budlis, um dessen Schwester Brynhild für Gunnar zu bitten. Sie wohnte auf dem Hindaberge und war ihre Burg mit Wafurlogi (waberndem Feuer) umgeben; auch hatte sie das Gelübde gethan, keinen andern Mann zu freien als der es wagte, durch Wafurlogi zu reiten. Da ritt Sigurd mit den Giukungen, die auch Niflungen hießen, den Berg hinan und sollte nun Gunnar durch Wafurlogi reiten. Er hatte das Ross, das Goti hieß; dieß Ross wagte aber nicht in das Feuer zu rennen. Da tauschten Sigurd und Gunnar Gestalt und Namen, denn Grani wollte unter keinem andern Manne gehen als unter Sigurd. Da saß Sigurd auf Grani und ritt durch Wafurlogi. Denselben Abend hielt er Hochzeit mit Brynhild, und als sie zu Bette gingen, zog er das Schwert Gram aus der Scheide und legte es zwischen sie beide. Am Morgen aber, da er aufstand und sich ankleidete, gab er Brynhilden zur Morgengabe den Goldring, den Loki dem Andwari genommen hatte und empfing von ihr einen andern Ring zum Andenken. Alsdann sprang Sigurd auf sein Ross und ritt zu seinen Gesellen. Darauf tauschte er mit Gunnar abermals die Gestalt und Gunnar fuhr mit Brynhild zu König Giuki. Sigurd hatte zwei Kinder mit Gudrun, Sigmund und Swanhild.
Einsmals begab es sich, daß Brynhild und Gudrun zum Waßer gingen, ihre Schleier zu waschen. Als sie nun zum Fluße kamen, watete Brynhild tiefer vom Land in den Strom und sagte, sie wolle das Waßer an ihrem Haupte nicht leiden, das aus Gudruns Haaren rinne, dieweil sie einen hochgemuthern Mann habe. Da ging Gudrun ihr nach in den Fluß und sagte, darum dürfe sie ihren Schleier wohl über ihr im Strom waschen, dieweil sie einen Mann habe, dem weder Gunnar noch ein anderer in der Welt an Kühnheit gleiche, denn er habe Fafnir und Regin erschlagen und beider Erbe gewonnen. Da antwortete Brynhild: Mehr war das werth, daß Gunnar durch Wafurlogi ritt, was Sigurd nicht wagte. Da lachte Gudrun und sprach: Meinst du, Gunnar sei durch Wafurlogi geritten? So meine ich, daß der mit dir zu Bette ging, der mir diesen Goldring gab. Der Ring aber, den du an der Hand hast, und zur Morgengabe
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/318&oldid=- (Version vom 18.8.2016)