Anonym: Edda | |
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Und als der sie sah, nahm er sie zu sich und vermählte sich mit ihr. Sie hatten drei Söhne mit Namen Sörli, Hamdir und Erp. Sie waren alle rabenschwarz von Farbe des Haars, wie Gunnar und Högni und die andern Niflungen.
Bei ihnen ward Swanhild, Sigurds Tochter, erzogen, die aller Frauen Schönste war. Das erfuhr der König Jörmunrek der reiche: da sandte er seinen Sohn Randwer, sie ihm zu werben. Und als er zu Jonakur kam, ward ihm Swanhild übergeben, daß er sie dem König Jörmunrek brächte. Da sagte Bicki, es gezieme sich beßer, daß Randwer Swanhild nähme, denn Er wäre jung und sie auch; Jörmunrek aber alt. Dieser Rath gefiel ihnen wohl als jungen Leuten. Darauf verrieth Bicki dieß dem Könige: da ließ Jörmunrek seinen Sohn greifen und zum Galgen führen. Da nahm Randwer seinen Habicht, rupfte ihm die Federn aus, und bat, ihn seinem Vater zu senden. Darauf ward er gehängt. Als aber König Jörmunrek den Habicht sah, da kam ihm in den Sinn, wie der Habicht flug- und federlos sei, so sei auch sein Reich ohne Bestand, denn er sei alt und sohnlos. Da ließ König Jörmunrek, als er mit seinem Gefolge aus dem Wald von der Jagd geritten kam, und die Königin Swanhild beim Haarwaschen saß, über sie reiten und sie unter den Hufen der Rosse zu Tode treten. Als aber Gudrun dieß erfuhr, reizte sie ihre Söhne, den Tod Swanhildens zu rächen. Und als sie sich reisefertig machten, gab sie ihnen Brünnen und Helme von solcher Stärke, daß kein Eisen daran haften mochte. Auch gab sie ihnen den Rath, wenn sie zu König Jörmunrek kämen, sollten sie des Nachts, wenn er schliefe, zu ihm gehen, und sollten Sörli und Hamdir ihm Hände und Füße abhauen, aber Erp das Haupt. Als sie aber unterwegs waren, fragten sie den Erp, wie er ihnen beistehen wolle, wenn sie König Jörmunrek träfen. Er antwortete, er wolle ihnen helfen wie die Hand dem Fuße. Da sagten sie, die Füße hätten an den Händen keine Stützen. Sie waren ihrer Mutter erzürnt, weil diese sie mit harten Worten zu der Fahrt angetrieben hatte: darum gedachten sie zu thun was ihr am übelsten gefiele und tödteten Erp, weil sie den am Meisten liebte. Bald darauf strauchelte Sörli beim Gehen mit Einem Fuße und stützte sich mit den Händen. Da sprach er: Nun half die Hand dem Fuße: beßer wäre es, wenn Erp lebte. Als sie aber zu König Jörmunrek kamen des Nachts da er schlief, und ihm Arme und Füße abhieben, da erwachte er und rief seinen Leuten und hieß sie aufstehen. Da sprach Hamdir: Nun müste auch der Kopf ab, wenn Erp lebte. Da standen die Hofmänner auf und griffen sie an, konnten sie aber mit Waffen nicht bezwingen. Da rief Jörmunrek,
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 312. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/320&oldid=- (Version vom 31.7.2018)