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Anonym: Edda

findet, und in der That ein späterer Einschub scheint, geht auf Wali, Baldurs Rächer, nach D. 30. 53. Vgl. Wegtamskw. 16. Hyndlul. 27. Wafthr. 51.

39. Über Garm s. zu Str. 32. Den Namen Freki, der hier mit dem Namen Garm vertauscht wird, führt sonst Einer von Odhins Wölfen D. 4. Wie aber hier Freki ein erborgter bildlicher Name ist, so kann es auch Garm sein, denn in der That scheint Fenrir gemeint. Von dem Höllenhunde wißen wir nicht, daß er gefeßelt sei. In Wegtamskw. 6. 7. geht er dem Odhin frei entgegen. Daß auch Managarm, der Mondhund, von dem der Name Garm erborgt ist, zu feßeln versäumt wurde, ist mehrfach bemerkt. Dagegen ist Fenrir D. 34 gefeßelt mit dem Bande Glitnir, das bis zur Götterdämmerung halten soll. Von seinem Brechen muß hier die Rede sein, da des Wolfes Loskommen, das Str. 53. 4 vorausgesetzt wird, sonst nicht gemeldet wäre. Doch hat schon D. 51 unsere Stelle irrthümlich auf den Höllenhund oder Mondhund statt auf Fenrir bezogen, da sie ausdrücklich sagt, Garm habe vor der Gnipahöhle gelegen und sei nun los geworden. Daß er mit Tyr kämpfe, sagt nur sie; die Wöluspa weiß nichts von einem solchen Kampfe, dessen Sinn sich auch nicht angeben ließe. Vgl. M. Handb. §. 46, 5. Übrigens steht die letzte Langzeile von Strophe 39 hier nur als Vorahnung; den wirklichen Eintritt des Ereignisses bezeichnet die Wiederkehr dieser Zeilen am Schluß von Str. 48. Hier erst wird Fenrir frei, nachdem schon in der vorhergehenden Lokis Freiwerdung gemeldet war.

40–46. Weinhold hat (Zeitschr. VI. 311 das hohe Alter der Wöluspa angefochten und die Ansicht geltend zu machen gesucht, sie sei aus ältern Liedern durch spätere Bearbeiter zu einem Ganzen gestaltet und dabei unsere Str. eingerückt worden, welche durch Annahme von Höllenstrafen das Eindringen christlicher Vorstellungen verriethen. Indessen setzt er sie in der überlieferten Gestalt doch nicht später als in die erste Hälfte des 9. Jahrh. Dagegen hat Dietrich (Zeitschr. VII. 304 ff.) geltend gemacht, daß die angenommenen Strafleiden, das Waten schwerer Ströme, das Aussaugen der Leichen durch Nidhöggr u. s. w. nicht biblisch sind und von einer christlichen Hölle mit ihrer Feuersglut, mit Heulen und Zähnklappern u. s. w. hier keine Spur ist. Die Strafleiden sind aus dem wirklichen Leben des Nordens auf das Schattenleben übertragen, da dort noch bis auf den heutigen Tag das Durchwaten der vielen Flüße eine der gefährlichsten Mühen ist, und die unbegrabenen Leichen der Erschlagenen, die Wölfen und Raben zur Beute liegen, den Überlebenden ein tiefes Leid sein musten. Diese

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 359. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/367&oldid=- (Version vom 31.7.2018)