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Anonym: Edda

Züge, denen nordische Färbung nicht abzusprechen ist, sind überdieß mit Lokis unterweltlichem Leiden gleichartig, indem der giftspeienden Schlange über seinem Haupte die durch das Fenster niederfallenden Gifttropfen des aus Schlangenrücken errichteten Saals entsprechen. Endlich kennt auch das unbezweifelt echte Sigrdrifumal nachirdische Strafen, die um so mehr anzunehmen sind als Str. 64 auch überweltliche Belohnungen, ihre Kehrseite, verheißt. Aus gleichen Gründen sind auch die Str. 45 geschilderten Vorzeichen des jüngsten Tages, der Bruch der Sippe, die dem heidnischen Germanen das heiligste war, durch den Brudermord u. s. w. von allem Verdacht christlichen Ursprungs frei. Die äußern Zeugnisse für das Alter des Liedes, nach welchem es schon in der ersten Hälfte des 8ten Jahrhunderts in der gegenwärtigen Gestalt vorhanden war, mag man in Dietrichs Abhandlung nachlesen. Übrigens läßt auch Er das Gedicht aus ältern selbständigen mythologischen Liedern entstehen, die der mit dem 6ten Jahrhundert beginnenden Blütezeit des mythologischen Epos im Norden angehören sollen. Obgleich wir selbst nicht geneigt sind, unser Gedicht, das wir als ein Ganzes auffaßen möchten, aus mosaikartig zusammengesetzten Bruchstücken älterer Lieder entstehen zu laßen, so scheinen uns doch die Str. 40–43 eingeschoben, da sie den Gang der Ereignisse sehr zur Unzeit unterbrechen.

40. Eiter bedeutet hier Gift. Slidur wird D. 4 unter den Höllenflüßen aufgeführt.

41 ist D. 52 paraphrasiert, aber nicht erläutert. Der erste Saal, der hier für Sindris Geschlecht sein soll, heißt dort selber Sindri. Den Namen führt auch Einer der Zwerge, mit welchem Loki D. 61 wettete. Die Bedeutung ist die des deutschen Sinters.

47. Mimirs Söhne sind die Wellen des Meers, die sich empören, wie in der folgenden Zeile der Weltbaum sich entzündet: der Aufruhr der Elemente gehört zu den Vorzeichen des Weltuntergangs, welche in Str. 45 nur von der sittlichen Seite geschildert waren. Über das Giallarhorn und Mimirs Haupt vgl. zu Str. 22. Der Name Mimirs Söhne zur Bezeichnung der Wellen scheint Nachbildung des früher geprägten Ausdrucks Muspels Söhne Str. 50 für die Flammen. Vgl. Myth. 525. 568 und D. 5. 54.

48. Der Riese, der hier frei wird, kann nur Loki sein, von dessen mit Angurboda gezeugtem Sohne Fenrir in der nächsten Strophe ein Gleiches gemeldet wird, wenn unsere zu Str. 39 gegebene Erklärung des Namens Garm richtig ist. Schon dieser Zusammenhang beweist, daß die

Empfohlene Zitierweise:
Karl Simrock (Hrsg.): Die Edda, die ältere und jüngere, nebst den mythischen Erzählungen der Skalda, 6. Aufl., Stuttgart 1876, Seite 360. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Edda_(1876).djvu/368&oldid=- (Version vom 31.7.2018)